Was ist dran an der „Schmutzkampagne“ gegen Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher?
Laut Gerichtsakten lieh sich Kompatscher für private Urlaubsfahrten einen Großraum-Van von dem Unternehmer, der die Bus-Ausschreibung gewonnen hat
Bozen (Südtirol, 12. März 2022) – Maskenaffäre, Parteispenden, Hausdurchsuchungen, Spezlwirschaft, René Benko, Ötzi, Ausverkauf von Bozen – wenn diese Stichworte in den Berichten der Südtiroler Medien auftauchen, wird ein Name regelmäßig genannt – der von Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (Südtiroler Volkspartei, SVP). Kompatschers mächtige Freunde aus Partei, Wirtschaft und Medien sind mittlerweile genervt von der negativen Presse und reagieren auf die Vorwürfe mit dem üblichen Reflex, indem sie kritischen Medien eine „Schmutzkampagne“ unterstellen.
Selbst Arno Kompatscher, der gerne den verbindlichen Landeshauptmann gibt, hat mittlerweile zum Gegenschlag ausgeholt und öffentlich gedroht, er wolle das angebliche Medienmonopol des Verlagshauses Athesia, in dem die renommierte Tageszeitung „Dolomiten“ erscheint, brechen. So räumte Kompatscher in einem Interview offen ein, er unterstütze den Vorstoß des Senators des Partito Democratico, Gianclaudio Bressa, „gegen das Medienmonopol in Südtirol“.
„Ich habe dazu weder den Auftrag gegeben noch den Artikel geschrieben. Ich habe aber auf Anfrage des Direktors von der Athesia, Michl Ebner, geantwortet, dass ich die Zielsetzung teile. Ich glaube, das ist eine Anomalie in Südtirol. Ich habe Herrn Ebner geantwortet, es ist im Sinne auch einer guten Entwicklung des Landes, wenn wir hier Regeln haben, die den gesunden Wettbewerb wiederherstellen und auch gewährleisten“, so Arno Kompatscher am 31. Dezember 2021 wörtlich in der RAI-Tagesschau.
Wie sehr Kompatscher unter Druck steht, zeigt auch ein Facebook-Post des Südtiroler Landeshauptmannes vom 26. Februar 2021 über dessen Inhalt auch das Magazin Südtirol News zunächst berichtet, dann aber später diesen Artikel gelöscht hat. Kompatscher beschwerte sich dort – natürlich völlig zu Recht – über Hasskommentare und Drohungen, die der Landeschef im Zuge seiner umstrittenen Corona-Sanktionen erhielt, die viele als freiheitseinschränkend und überzogen fanden. Kompatscher ging mit seinem Post in die Offensive und machte die schlimmsten Drohungen und Beleidigungen öffentlich.
Kritiker werfen Kompatscher allerdings vor, damit nur ablenken zu wollen. Noch immer ist die Corona-Maskenaffäre, in dessen Verlauf die Staatsanwaltschaft im Dezember 2021 unter anderem das Büro des Landeshauptmannes durchsucht hat, noch nicht aufgeklärt. Ermittelt wird wegen mangelhafter FFP-2-Masken, die im März 2020 aus China auch nach Südtirol importiert wurden. Es geht um mehr als 20 Millionen Schutzmasken und um eine Schadenssumme von mindestens 15,6 Millionen Euro.
Durchatmen kann Kompatscher dagegen bei der Causa SAD, nachdem das Landesgericht Bozen einen Fall zu den Akten gelegt hat. Allerdings sind Details aus dem Beschluss vom 3. Dezember 2021 trotz der Einstellung des Verfahrens wenig schmeichelhaft für einen Landeshauptmann, der immer wieder versucht, sich in der Öffentlichkeit als unbestechlicher und nur dem Gemeinwohl verpflichteter Politiker dazustellen. So werden in dem offiziellen Dokument als die wichtigsten „Belastungselemente gegen Kompatscher“, dessen enge private Verbindungen zu Markus Silbemagl, dem Präsidenten des Konsortiums Libus, aufgeführt, die zu einem möglichen Interessenskonflikt geführt haben könnten.
So heißt es in dem Beschluss des Landesgerichts Bozen: „Nachdem Arno Kompatscher und Markus Silbemagl um 7 Uhr des 5.7.2018 miteinander telefonierten hatten, wurde noch am Nachmittag desselben Tages die Ausschreibung annulliert und zwar mit einer mehr als fragwürdigen Begründung, die sich den Vorwurf der Scheinbegründung gefallen lassen muss. Der Verdacht, dass es eine Absprache (collusione) mit Markus Silbernagl gegeben hat um ihn zu bevorteilen, liegt nahe.“
Im Gegensatz dazu hatte die Staatsanwaltschaft angeführt, dass die ungewöhnliche Annullierung legal gewesen sei, weil die Entscheidung von der gesamten Landesregierung getroffen wurde – und nicht allein vom Landeshauptmann …
Auch das Landesgericht sah es am Ende als nicht erwiesen an, dass der Landeshauptmann illegal in die Ausschreibung eingegriffen hat. „Arno Kompatscher hatte nicht die Grenzen des gesetzlich Erlaubten überschritten, da es klar festzuhalten gilt, dass laut Artikel 353 StGB die Störung der Ausschreibung mit , … Gewalt oder durch Drohung, Geschenke, Versprechen, Absprachen oder andere betrügerische Mittel … ´ versucht werden muss.“
Doch trotz der Einstellung listete das Gericht ausführlich auf, welche privaten Beziehungen Kompatscher und Silbemagl verbinden, die demnach zwar keine juristischen Konsequenzen haben, aber doch politische Fragen aufwerfen. So heißt es auf Seite 8 des Beschlusses des Landesgerichtes Bozen unter der vielsagenden Überschrift „Der Interessenskonflikt“:
„Arno Kompatscher steht schon allein von seiner Herkunft in einem Naheverhältnis zu Markus Silbernagl, denn beide stammen aus derselben Gegend, in welcher Kompatscher einmal Bürgermeister war und Silbernagl ein gewichtiger Unternehmer. Von 2004 bis 2013 war Arno Kompatscher auch Präsident der Seilbahngesellschaft „Seis – Seiser Alm Bahn AG“. Markus Silbernagl ist deren Hauptaktionär, Arno Kompatschers Ehegattin besitzt 0,25 % der Gesellschaft. Außerdem lieh Arno Kompatscher zweimal einen VAN bei Silbernagl, mit dem er seine zahlreiche Familie in den Urlaub fuhr (für eine Fahrt ist eine Rechnung vorhanden; für die zweite Fahrt ist entweder die Rechnung nicht mehr aufgefunden worden oder es wurde keine ausgestellt, aus welchem Grund auch immer)“.
Doch ausgerechnet Arno Kompatscher hat im Zuge der SAD-Affäre unlängst eine „ethische Säuberung“ seiner Partei, der Südtiroler Volkspartei, gefordert und eine vierköpfige Kommission installiert, der er selbst angehört. Die erste Sitzung dieses Gremiums findet am Montag, 14. März, statt.