Ötzi und der Spendensumpf – neuer Wirbel um Arno Kompatscher

Bozen (Südtirol, 8. März 2022) – In Südtirol gärt eine Spendenaffäre. Mittendrin: Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) und der Statthalter des Immobilienmilliardärs René Benko. Was kommt dabei noch alles ans Tageslicht?

Man kennt sich: René Benko und Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher. Fotos: Signa/Autonome Provinz Bozen – Südtirol 

Eigentlich sollte es neulich in der Ausschusssitzung des Südtiroler Landtags nur um die Neuordnung der Politikergehälter gehen. Weil die Berufspolitiker in Südtirol traditionell einen Teil ihres Gehalts an ihre eigenen Parteien überweisen, wollte die regierende Südtiroler Volkspartei SVP zusätzlich über die öffentliche Finanzierung der Parteien sprechen. Dieses Vorhaben stieß auf erheblichen Widerstand der Opposition. 

Es entzündete sich eine Diskussion, bei der Oppositionsführer Paul Köllensperger die SVP aufforderte, endlich offenzulegen, wie sie ihren Wahlkampf von 2018 finanziert hat. Sein Verdacht: Damals hätten „befreundete oder verbundene Unternehmen“ gespendet, die jetzt von Entscheidungen der SVP-Politiker profitieren würden.

Wenn es nach René Benko geht, soll die Gletschermumie Ötzi von der Bozener Innenstadt auf den Virgl umziehen. Foto: Südtiroler Archäologiemuseum/foto-dpi.com

Konkret dreht es sich um Spenden von Heinz Peter Hager, dem Bozener Statthalter des Unternehmens Signa, das dem Immobilienmilliardär René Benko gehört. Und die Entscheidung, auf die der Oppositionsführer anspielte, ist der Plan des Unternehmens, das Ötzi-Museum auf den Virgl, den Hausberg von Bozen, zu verlegen, wie ALPENmag berichtete.

2018 galt in Südtirol ein Gesetz, wonach die Namen von Spendern, die einer Partei mehr als 5000 Euro zukommen lassen, veröffentlicht werden müssen. Diese Regel sollte verdeckte Korruption durch Parteispenden verhindern, ließ sich aber leicht umgehen, indem ein Großspender einfach mehrmals 4000, 4500 oder zum Beispiel 4999 Euro überwies und so unerkannt blieb. 

Blick auf Bozen Richtung Süden: Links neben der Altstadt liegt der Bahnhof. Direkt dahinter erhebt sich der Virgl. Foto: IDM Südtirol-Alto Adige/Clemens Zahn.

Genau diesen Kniff habe Hager mit mehreren seiner Firmen angewandt, berichtet die Neue Südtiroler Tageszeitung. Denn: In den von der SVP veröffentlichten Bilanzen tauche der Name Hagers oder seiner Unternehmen nicht auf.

Die SVP jedenfalls weigert sich, die Namen der Spender öffentlich zu machen, Parteiobmann Philipp Achammer sowie Thomas Widmann, heute Sanitätsrat Südtirols und 2018 Wahlkampfleiter der SVP, sind strikt dagegen. Auch Heinz Peter Hager sagte in einem Interview mit der Tageszeitung, dass die SVP die Spendenliste nicht offenlegen dürfe, weil sich die Spender auf Anonymität und Privacy verlassen hätten. 

Beobachtern stellt sich die Frage, ob der Datenschutz ein triftiges Argument ist, wenn der Sinn und Zweck eines Gesetzes offenkundig mit buchhalterischen Tricks umgangen wird. Das Gesetz will ja Großspender von Parteien öffentlich machen, damit Interessenkonflikte transparent werden und geldige Einflussnahmen auf politische Entscheidungen unterbleiben.

Heinz Peter Hager streitet in dem Interview nicht ab, der SVP finanziell unter die Arme gegriffen zu haben. Ja, es stimme, dass er „mit ein paar Firmen von mir“ Geld gespendet habe, sagte Hager in dem Interview. Allerdings gebe es dabei keinen Zusammenhang zur Signa oder zu René Benko. Zudem handele es sich um relativ bescheidene Beträge. Er sei sicher kein Großspender. Aber vielleicht ist er ja ein großer Kleinspender mit recht vielen Beträgen unter 5000 Euro, vermuten viele Südtiroler und fragen sich, aus welchem Grund Hager die Beträge nicht von sich aus offenlegt, wenn es sich wirklich nur um geringe Spenden gehandelt hat.

Er wolle stabile politische Verhältnisse für Südtirol, argumentiert Hager, deshalb habe er der SVP gespendet. Den Landeshauptmann Kompatscher lobt er für dessen Arbeit mehrmals über den grünen Klee. 

Landeshauptmann Kompatscher ist es aber auch, der am Ende entscheidet, ob das Projekt der Signa am Virgl realisiert wird. Mit einem Investitionsvolumen von über 170 Millionen Euro, davon 54 Millionen aus öffentlichen Kassen, ist das Projekt Viva Virgolo das derzeit größte Vorhaben in Bereich Public Private Partnership (PPP) in Südtirol. 

Geplant ist eine Seilbahn auf den Virgl, wo in einem neuen Museum die wohl berühmteste Mumie Europas ausgestellt werden soll. Ganz in der Nähe der Talstation am Bozener Verdiplatz würde auf die über 300.000 Menschen, die jährlich den Ötzi sehen wollen, eine weitere Attraktion warten: der Walther Park, Benkos neues Einkaufszentrum am Hauptbahnhof. Projektentwickler auch hier: die Firma Signa, vertreten von Heinz Peter Hager. Es geht also um sehr viel in Bozen.

Das spektakuläre PPP-Projekt ist auch innerhalb der SVP nicht unumstritten. Außerdem wehren sich weiterhin zahlreiche Gegner unter Bozener Kaufleuten, Kulturschaffenden und Umweltschützern, die allesamt für ein früheres Areal des Energieversorgers Enel als Standort für das neue Ötzi-Museum plädieren. 

Letzte Entwicklung: Die SVP will die Spenden für den Wahlkampf 2018 jetzt zumindest innerhalb der Partei offenlegen. Mal sehen, wie viele Parteimitglieder bei der Einsichtnahme gleichzeitig auf das Handelsregister der Handelskammer Bozen zugreifen können – um zu sehen, welche PPP-Investoren über welche ihrer vielen Firmen-Beteiligungen mit knapp 5000 Euro unter dem Spenden-Radar geflogen sind…

Projekt Ötzi ist also auch für René Benko und seinem Südtiroler Statthalter noch längst nicht über den Berg. ALPENmag bleibt dran.