Fragen an Kampatschers Mann fürs Grobe – doch Karl Zeller schweigt

Bozen (Südtirol, 14. März 2022) – Es ist ein in der Südtiroler Politik einmaliger Vorgang: Im Zuge der sogenannten SAD-Affäre hatte die Staatsanwaltschaft vor vier Jahren die Telefone von Verdächtigen überwacht, um mögliche Mauschelleien bei der öffentlichen Ausschreibung der Konzessionen für einen Großteil der Buslinien in Südtirol aufzudecken. Im Zuge dieser geheimen Ermittlungen wurden auch Gespräche mit Unbeteiligten zu anderen Themen aufgezeichnet und protokolliert. Einige dieser Gesprächsprotokolle sind in die Öffentlichkeit durchgestochen worden. Der Inhalt: Private Äußerungen von SVP-Politikern über andere SVP-Politiker – nicht strafrechtlich relevant, aber – da nicht für die Öffentlichkeit bestimmt – nicht immer jugendfrei und somit peinlich für alle Beteiligten.

Eines der Opfer ist ausgerechnet der in Südtirol und darüber hinaus hochgeschätzte Landeshauptmann a. D. Luis Durnwalder, der 2013 den Weg für den jetzigen Landeshauptmann Arno Kompatscher frei gemacht.

Auch Durnwalders launige Anmerkungen, die er in privaten Telefongesprächen über Parteimitglieder geäußert hat, wurden plötzlich über die Medien in die Öffentlichkeit gebracht. Für den Landeshauptmann a.D., der für Ausgleich und ein gutes Miteinander steht, war das ein schwerer Schaden.

Doch Durnwalder sah nicht tatenlos zu, wie sein Ansehen in den Schmutz gezogen wurde, und hat eine Eingabe bei Italiens oberster Datenschutzbehörde eingereicht, wie die renommierte Tageszeitung „Die Dolomiten“ am Wochenende berichtet hat.

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (großes Foto) und sein Mann fürs Grobe, Dr. Karl Zeller. Fotos: SVP, Wikipedia CC BY 2.0 Dragan Tatic Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres

Damit könnte der Tiefpunkt des Machtkampfs innerhalb der SVP jetzt möglicherweise auch juristische Folgen haben. Im Fokus der Ermittler steht dabei SVP-Obmannstellvertreter Dr. Karl Zeller, der Mann fürs Grobe für Landeshauptmann Arno Kompatscher. Wie „Die Dolomiten“ weiter berichtete, hat die oberste Datenschutzbehörde sogenannte Vorerhebungen eingeleitet, und zwar gegen Zeller und vier Medien, die die privaten Gespräche abgedruckt hatten. In dem Zeitungsartikel heißt es dazu: „Besonders schwere Vorwürfe erhob Durnwalder in seiner Eingabe gegen SVP-Vize-Obmann Karl Zeller. Diesem wirft er vor, als Verteidiger von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider die 5000 Seiten umfassenden Abhörprotokolle bei der Staatsanwaltschaft angefordert und dann in Umlauf gebracht zu haben. Noch schwerer wiegt Durnwalders Vorwurf, dass Mitschnitte von Telefonabhörungen aus dem Kontext gerissen, verfälscht und dann verbreitet worden seien. All seine Vorwürfe untermauert Durnwalder in seiner Eingabe mit der Angabe von Zeugen, die seine Aussagen belegen könnten.“

Ausgerechnet Kompatscher, dessen Name immer wieder im Zuge diverser Skandale in Südtirol genannt wird, hat seiner Partei im Zuge der SAD-Affäre eine „ethische Säuberung“ verordnet und ein vierköpfiges Gremium installiert, das am heutigen Montag, 14. März 2022, in Bozen zum ersten Mal getagt hat – allerdings ohne handfestes Ergebnis.

Über Kompatschers eigene Rolle in der SAD-Affäre hatte ALPENmag berichtet, über seine aktenkundige Urlaubsfahrzeug-Ausleihe beim befreundeten Unternehmer, der die Buslinien-Ausschreibung gewann. Dieser Bericht sorgte im Lager von Kompatscher für höchste Aufregung. Noch am Wochenende meldete sich Karl Zeller bei ALPENmag und forderte eine Gegendarstellung, was die Chefredaktion klar ablehnte, da die Berichterstattung korrekt ist und es sich bei den entsprechenden Passagen um gekennzeichnete Zitate aus dem Beschluss des Landesgerichtes Bozen handelt.

ALPENmag nutzte den Kontakt zu Karl Zeller, um auch ihm konkrete Fragen zu stellen, aber der Mann fürs Grobe ließ eine 24-Stunden-Antwortfrist sprachlos verstreichen. So wollte ALPENmag unter anderem wissen, ob er zugibt, Auszüge aus den Abhörprotokollen an die Medien durchgestochen zu haben. Und wenn ja, mit welchem Motiv? Weitere Fragen drehten sich unter anderem um ein großes Public-Private-Partnership-Projekt in Meran und die Rolle, die er dabei spielt sowie um die Besetzung des Geschäftsführers der Therme Meran mit einem Kollegen aus einer Kanzlei.

Unterdessen hat nach der Sitzung einer der Abhöropfer, der Bezirksobmann der SVP des Bezirks Bozen, Christoph Perathoner, eine öffentliche Erklärung abgegeben, die ALPENmag im Wortlaut dokumentiert:

„Heute tagte die vom SVP-Parteiobmann eingesetzte vierköpfige Partei-Kommission zur Aufklärung der Vorkommnisse um die Konzessionsvergabe der Busdienste. Mir ist es nach dieser Sitzung wichtig, folgende Tatsachen klar zu stellen:

Gegen meine Person wurde im erwähnten Zusammenhang weder von der Staatsanwaltschaft ermittelt, noch wurde ich als Zeuge geführt. Das habe ich heute auch noch einmal dargelegt.

Zu den von der Staatsanwaltschaft vorgenommen Maßnahmen zur Klärung der Sachverhalte gehörten insbesondere Abhörungen einer Vielzahl von Personen. Da einige dieser unter Verdacht stehenden Personen mit mir telefoniert hatten, kamen auch vertrauliche Aussagen von mir in die Abhörprotokolle. Diese Abhörprotokolle und sogar die dazugehörigen Audio-Dateien wurden verbotenerweise veröffentlicht. Ich habe mich darin an einigen wenigen Stellen despektierlich über Parteikollegen geäußert. So etwas ist in der politischen, ja menschlichen Realität, nichts Ungewöhnliches. Sollte ich aber damit jemand persönlich in seinen Gefühlen verletzt haben, tut es mir leid. Bei den Betroffenen, von denen ich weiß, habe ich mich bereits entschuldigt. Auch das habe ich heute gegenüber der Kommission bekräftigt.

Ansonsten konnte ich überzeugend darlegen: Ich habe immer nach Recht und Gesetz gehandelt und habe mir nichts vorzuwerfen. Mein Amt als Obmann des SVP-Bezirkes Bozen Stadt und Land habe ich stets mir großen persönlichen Einsatz zum Wohle der Sammelpartei der deutschen und ladinischen Minderheit ausgeübt. Dabei bin ich stets bestrebt, diese Aufgabe sehr ernst zu nehmen und alle entsprechenden Regelungen einzuhalten. Ich übe dieses Amt mit großer Freude und Leidenschaft aus. 

Die SVP konnte in Südtirol viel Positives bewirken – für das Land, für die Leute. An diese Erfolge sollten wir anknüpfen und deshalb werde ich auch erneut für mein Amt kandidieren. Der Zuspruch vieler SVP-Kolleginnen und -Kollegen sowie vieler Mandatare hat mich in diesem Entschluss bestärkt. Ich bedanke mich für dieses Vertrauen.“

Fortsetzung folgt – auf ALPENmag.