Italien: 15 Millionen Menschen in Corona-Quarantäne
Rom – Ein Viertel Italiens steht ab sofort unter Coronavirus-Quarantäne: Die gesamte Lombardei mit der Millionen-Stadt Mailand sowie 14 Provinzen in den Regionen Piemont, Venetien, Emilia Romagna und Marken werden bis zum 3. April 2020 abgeriegelt. Eine entsprechende Verordnung hat Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte in der Nacht zum Sonntag unterzeichnet. Zum Sperrgebiet, der Roten Zone, gehören auch die Provinzen Modena, Parma, Piacenza, Reggio Emilia, Rimini, Pesaro und Urbino, Alessandria, Asti, Novara, Verbano Cusio Ossola, Vercelli, Padua, Treviso und die Touristenmetropole Venedig.
Gleichzeitig bleiben in ganz Italien, so regelt es eine zweite Verordnung, alle Schulen, Universitäten und Museen geschlossen. Außerdem dürfen ab sofort keine Demonstrationen, Veranstaltungen, Shows jeder Art, einschließlich Film und Theatervorführungen stattfinden. Diskotheken, Spielhallen, Tanzsäle, Bingohallen und ähnliche Orte bleiben geschlossen.
Vom Sperrgebiet in Norditalien sind rund 15 Millionen Menschen direkt betroffen. Allein in der Lombardei leben zehn Millionen Bürger, davon knapp 1,4 Millionen in Mailand. Die Region ist das wirtschaftliche und industrielle Herz Italiens.
Restaurants müssen um 18 Uhr schließen
Ein- und Ausreise sind nur in dringenden Fällen möglich, also zum Beispiel bei beruflichen Gründen oder in gesundheitlichen Notfällen. Innerhalb der Sperrzone gelten weitere strenge Quarantäne-Regeln. Alle Einkaufszentren müssen am Wochenende geschlossen bleiben. Bars und Restaurants dürfen nur dann weiter betrieben werden, wenn ein Mindestabstand zwischen den einzelnen Gästen und Mitarbeitern von einem Meter eingehalten wird. Außerdem dürfen Bars und Restaurants nur tagsüber geöffnet haben und müssen um 18 Uhr schließen.
„Wir stehen vor einer nationalen Notlage. Wir haben zwei Ziele: Die Ausweitung der Ansteckung einzudämmen und eine Überlastung der Krankenhauseinrichtungen zu vermeiden.“
Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte
Das Dekret legt auch die Schließung aller Turnhallen, Schwimmbäder, Thermen und Wellnesszentren in der Lombardei und in den 14 Provinzen fest. Sportwettbewerbe im Freien sind nur ohne Zuschauer erlaubt. Auch Hochzeiten oder Beerdigungen dürfen nicht mehr stattfinden.
Ministerpräsident Giuseppe Conte: „Die Polizeikräfte sind berechtigt, Bürger, die sich in der Quarantänezone bewegen, zur Rechenschaft zu ziehen: Es handelt sich nicht um ein absolutes Bewegungsverbot, aber die Mobilität wird eingeschränkt.“
Bei Verstößen droht sogar Gefängnis
Wer in der Lombardei und in den anderen Bereichen der Roten Zone gegen die Maßnahmen verstößt, kann mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 3 Monaten und mit einer Geldstrafe bestraft werden.
Gleichzeitig unternimmt die italienische Regierung alles, um einen Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu verhindern. Neben einer Urlaubssperre für Ärzte und Pflegekräfte werden Ärzte, die sich im Ruhestand befinden, aufgerufen, sich zu melden. Darüber hinaus ist der Zugang von Angehörigen und Besuchern in Krankenhäusern auf wenige Fälle beschränkt. So ist es Begleitpersonen verboten, sich in den Warteräumen der Notaufnahme und der Empfangs- und Erste-Hilfe-Abteilungen aufzuhalten.
Unterdessen verschärft das Nachbarland Österreich seine Abschottung gegenüber Italien. So sind alle Flüge von Wien nach Mailand und Bologna für zwei Wochen verboten. Auch die Nachtzüge nach Italien verkehren nicht mehr. Und ab Montag wird es an den Grenzübergängen in Thörl-Maglern (Kärnten) und am Brenner (Tirol) zu stichprobenartigen Corona-Kontrollen kommen.
Unklar ist bislang, wie der überregionale Durchgangsverkehr geregelt wird. Als wahrscheinlich gilt, dass Züge ohne Halt die Rote Zone durchqueren und auf den Autobahnen die Abfahrten gesperrt werden.
Gäste stürmen Mailänder Bahnhof
Noch in der Nacht auf Sonntag strömten Hunderte von Menschen zum Mailänder Hauptbahnhof geströmt, um noch vor der Schließung die Quarantäne-Zone zu verlassen. Die meisten von ihnen sind Touristen oder Bürger aus anderen Regionen in Italien. Es wird damit gerechnet, dass der überregionale Zugverkehr von und nach Mailand sowie den anderen Städten in der Quaranänte-Zone in Kürze komplett eingestellt wird.