Gatterjagd in Kaisers: PETA erhebt schwere Vorwürfe
Kaisers (Tirol, 21. Februar 2020) – Tierschützer sind entsetzt: 33 Hirsche wurden bei Kaisers in Tirol angefüttert, in ein Gatter gelockt und abgeschossen. 45 Minuten habe das Gemetzel dauert, berichtet Kaisers Bürgermeister Norbert Lorenz. Er und andere Augenzeugen sprachen von „reinster Tierquälerei“. Das Rotwild sei in seiner Panik und ohne Chance auf ein Entkommen gegen die Zäune gerannt und aufeinander gesprungen. Schwere Verletzungen wie Kieferbrüche oder aufgerissene Flanken seien die Folge gewesen, berichten die Augenzeugen.
„33 Stück Rotwild wurden im Rahmen der Tbc-Bekämpfung Sonntagnacht im Wildgatter in Kaisers von erfahrenen Schützen in kürzester Zeit schonend und tierschutzgerecht entnommen. Damit konnte die Abschussquote, die zur Eindämmung der vom Tier auf Menschen übertragbaren Seuche Tbc notwendig ist, erstmals seit vielen Jahren erfüllt werden. Dem Urteil des Landesverwaltungsgerichts wurde Folge geleistet“, behauptet dagegen der Tiroler Landesveterinärdirektor Josef Kössler.
PETA: Tbc war nur ein Vorwand
Doch PETA, mit über sechs Millionen Unterstützern die größte Tierrechtsorganisation der Welt, widerspricht entschieden der Darstellung des Tiroler Landesveterinärs. Die angebliche Tbc-Ansteckungsgefahr sei nur ein Vorwand gewesen, erklärt Nadja Michler, Fachreferentin Bereich Wildtiere bei PETA: „Wie auch bei den Hirschen in Kaisers werden generell gerne Wildtierkrankheiten vorgeschoben und deren Gefährlichkeit für den Menschen aufgebauscht, um das sinnlose Abschlachten der Wildtiere zu rechtfertigen. Durch die Jagd breiten sich Krankheiten jedoch eher noch schneller aus. Durch die Bejagung werden stabile Verbände und Sozialstrukturen zerstört und das hat vor allem bei soziallebenden Arten wie dem Fuchs fatale Folgen: Sie verlassen ihre Reviere und legen weite Strecken zurück. Auf diese Weise hat sich die Tollwut damals verbreitet und wurde erst durch den Einsatz von Impfködern erfolgreich ausgemerzt.“
Die Hege der Jäger diene, so die PETA-Vertreterin, weitgehend der Erhaltung eines möglichst großen Wildtierbestands: „Durch das Zufüttern überbrücken die Jäger Nahrungsengpässe und unterbinden somit die natürliche Selektion. Das wiederum machen sie nur, um möglichst viele Tiere schießen zu können, wie eben oder insbesondere auch in Jagdgattern. Denn nur wegen der künstlich hochgehaltenen Wildtierpopulation kommt es überhaupt zu sogenannten Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft. Die einseitige Ausrichtung auf Monokulturen und Ertragsmaximierung führt dazu, dass Grundeigentümer und Landwirte ein wirtschaftliches Interesse an der Dezimierung der Wildtierpopulationen haben. In einem natürlichen Wald gibt es keine ,Schäden’ durch Wildtiere. Diese sind von den Jägern selbst hervorgerufen und ein weiteres fadenscheiniges Argument, um die sinnlose Tötung von mehr als einer Million Rot-, Dam- und Rehwild jährlich zu rechtfertigen. Die Jagd dient ausschließlich der Unterhaltung der Jäger, denn Wildtierpopulationen regulieren sich aufgrund von sozialen Gefügen und Umwelteinflüssen, wie verfügbares Nahrungsangebot, Klima und Krankheiten. PETA fordert deshalb ein flächendeckendes Jagdverbot und als einen erstes Schritt ein Verbot der Hobbyjagd.“
Vergeblich hatte der Bürgermeister von Kaisers, Norbert Lorenz, zuvor für eine schonendere Alternative gekämpft und vorgeschlagen, dass angeblich überzählige Rotwild in der kommenden Jagdsaison waidgerecht zu erlegen. In seinem Jagdvorschlag rechnete Norbert Lorenz vor: „Wir lassen das Reduktionsgatter am Holzrinner das Jagdjahr 2020 stehen. Rechnen die noch fehlenden 20 Stück Rotwild mit den fünf Stück Zuwachs, also insgesamt 25 Stück Rotwild zu der Gutachterlichen Einschätzung vom gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Helmut Neubacher, (11.11.2019) hinzu, und kommen dann auf einen Gesamtabschuss (25 + 35) von 60 bis 65 Stück Rotwild im Jagdjahr 2020/21. Dieser Abschuss ist von den Jägern zu leisten. Am 15. Dezember 2020 wird Bilanz gezogen. Dann könnte im Notfall zeitgerecht das Reduktionsgatter aktiviert werden.“
Fleisch landete in der Tierkörperverwertung
Ein weiterer Vorteil seines Alternativvorschlags, so führte Norbert Lorenz an, liege darin, „dass alles jagdlich erlegte Wild nahrungsmitteltechnisch für uns Menschen genutzt werden kann. Hingegen darf das im Tötungsgatter erlegte Wild nach Tierseuchengesetz auch mit bester Fleischqualität nicht für den menschlichen Verzehr freigegeben werden, sondern muss in die Tierkörperverwertung.“
Tirol will Gatterjagd verbieten
Immerhin: Nach der großen Empörung über die Rotwild-Tötung in Kaisers will Tirol auf die Gatterjagd verzichten. „Eines ist für mich nach diesen Vorfällen klar: In Tirol werden wir Gatterabschüsse künftig verbieten. So etwas wird es in Tirol nicht geben“, versprach Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler.
Übrigens: Das Fleisch der 33 Hirsche wurde mittlerweile in einer Tierkörperverwertung beseitigt. Nur fünf der 33 Tiere litten, so ergab die Untersuchung, an Tbc.