DAV appelliert an Staatsregierung: Zerstört das Riedberger Horn nicht

Riedberger Horn vom Weiherkopf_voll

Das unberühte Riedberger Horn ist ein Naturparadies. Der Deutsche Alpenverein kämpft deshalb gegen eine Skischaukel Foto: DAV

München/Balderschwang (Bayern) – Die Entscheidung der Staatsregierung zur Zukunft des Riedberger Horns steht kurz bevor. An dem beliebten Wander- und Skitourenberg im Allgäu sollen Bergbahnen bis in Gipfelnähe gebaut und damit zwei bestehende Skigebiete verbunden werden. Das sehen jedenfalls die Pläne der Skigebietsbetreiber vor. Der Deutsche Alpenverein appelliert mit allem Nachdruck an die Bayerische Staatsregierung, diese Pläne endgültig abzulehnen. „Diese Erschließungspläne bedeuten das Ende des Alpenplans. Wir halten es für fatal, dieses wichtige Steuerungsinstrument für eine Erschließung zu opfern, die weder den Interessen des Tourismus noch des Naturschutzes dient“, so DAV-Präsident Josef Klenner bei einer Ortsbesichtigung am vergangenen Donnerstag.

 

Neue Lifte wären ein fatales politisches Signal…

Die geplanten Erschließungen würden sich in erheblichem Umfang auf die Zone C des Alpenplans erstrecken – also auf Gebiete, die nicht erschlossen werden dürfen. Sollten diese Pläne genehmigt werden, würde ein Präzedenzfall geschaffen, der unabsehbare Auswirkungen auf die gesamten Bayerischen Alpen hätte. Der Alpenplan, ein international hochgelobtes und seit 44 Jahren bestehendes landesplanerisches Instrument, steht in Frage. Und das ausgerechnet zu einer Zeit, da die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit dem Freistaat Bayern den Vorsitz der Alpenkonvention innehat. Beide haben sich für ihren Vorsitz zum Ziel gemacht, Themen wie nachhaltiges Wirtschaften, Erhalt der Biodiversität und sanfter Tourismus zu fördern.

 

…und eine Verletzung internationaler Abkommen

Die Alpenkonvention spielt auch in anderer Hinsicht eine wichtige Rolle am Riedberger Horn: Der geplante Pisten­bereich liegt zu erheblichen Teilen im Bereich einer großen, in den 1960er Jahren aktiven Rutschung und gilt als „labiles Gebiet“ im Sinne des Bodenprotokolls der Alpenkonvention. In Artikel 14 dieses Protokolls werden „Bau und Planierung von Skipisten in labilen Gebieten“ ausgeschlossen. Beim Bau der Piste müssten rund sechs Hektar Bergwald gerodet werden. Fachleute schließen dann Murenabgänge bis zur Riedbergpaßstraße nicht aus. Das Gebiet ist laut Gefahrenhinweiskarte des Landesamtes für Umweltschutz (LfU) stark erosionsgefährdet.

 

Warum der Alpenplan so wichtig ist

Der Alpenplan ist das wirksamste Instrument, um eine Übererschließung des Bayerischen Alpenraums zu verhindern. Nur Aufgrund des Alpenplanes hat die Landschaft in den bayerischen Alpen ihren ursprünglichen Charakter bewahren können. Ein Blick über die Grenzen hinweg zu unserem Nachbarn Österreich zeigt, was passiert, wenn es ein solches Steuerungsinstrument nicht gibt. Der Alpenplan wurde 1972 angesichts drohender Erschließungen an überaus prominenten Bergen von der Bayerischen Staatsregierung ins Leben gerufen. Neben dem Watzmann, der Alpspitze und einigen weiteren Bergen ging es damals um das Riedberger Horn. Kaum vorstellbar, dass die Bayerische Staatsregierung ausgerechnet dort den Alpenplan aushebeln will. Immerhin ist sie dessen Initiatorin.

 

Entscheidende Tage

Der Ball liegt derzeit bei der Bayerischen Staatsregierung. Gemäß Landesplanungsgesetz müssen bei einem Zielabweichungsverfahren alle betroffenen Ministerien beteiligt werden. Im aktuellen Fall sind dies das Umweltministerium, das Landwirtschaftsministerium und das Finanz- und Heimatministerium. Während Ulrike Scharf als Umweltministerin das Erschließungsvorhaben strikt ablehnt, hat Finanzminister Söder immer wieder die Hoffnung genährt, dass die Skischaukel doch noch kommen könnte. In den nächsten Tagen oder Wochen wird sich zeigen, welches Ministerium sich durchsetzt.

 

Der Ski- und Wanderberg Riedberger Horn

Obermaiselstein und Balderschwang haben längst bewiesen, dass sie auch ohne Skischaukel, dafür aber mit differenzierten Angeboten für sanfte Erholungsformen im Sommer genauso wie im Winter sehr erfolgreich sind. Eine besondere Bedeutung hat dabei das Riedberger Horn. Die Möglichkeiten für Gäste wie Einheimische reichen dort vom Wandern über Schneeschuhgehen bis hin zu Skitouren. Eines der wichtigsten Ziele aller dieser Natursportler ist das Riedberger Horn. Der DAV engagiert sich in der Region seit über 20 Jahren mit Lenkungskonzepten wie „Skibergsteigen umweltfreundlich“. DAV-Präsident Josef Klenner ist überzeugt: „Die Attraktivität der Region und ihre Chancen liegen im nachhaltigen Tourismus, der alle Berg- und Natursportler anspricht, und nicht in einer Skischaukel.“

 

Riedberger Horn: So sieht die Planung für die Skischaukel aus. Die Trasse würde mitten durch das vom Alpenplan geschützte Gebiet verlaufen. Quelle: DAV

Riedberger Horn: So sieht die Planung für die Skischaukel aus. Die Trasse würde mitten durch die Alpenschutzzone C verlaufen. Quelle: DAV

Hintergrund:

Am Riedberger Horn sollen Lifte bis in Gipfelnähe gebaut und damit zwei bestehende Skigebiete verbunden werden. Das sehen jedenfalls die Pläne der Skigebietsbetreiber vor. Demnächst wird die Bayerische Staatsregierung darüber entscheiden. Der Deutsche Alpenverein appelliert mit allem Nachdruck an die bayerische Staatsregierung, der Linie von Umweltministerin Scharf zu folgen und diese Pläne abzulehnen.

 

Wie sehen die Pläne konkret aus?

Westlich und östlich unterhalb des Riedberger Horns liegen die beiden Skigebiete Balderschwang und Grasgehren. Sie sollen mit zwei neuen Liften und einer neuen Piste verbunden werden. Einer der beiden neuen Lifte würde vollständig in der Zone C des Alpenplans liegen. Die neue Piste verliefe zu rund 50 Prozent in dieser Zone C. Derzeit gelangt man von einem zum anderen Gebiet über die Riedbergpass-Straße, die Distanz beträgt fünf Kilometer.

 

Was ist das Problem?

In der Zone C des Alpenplans dürfen keine technischen Erschließungen stattfinden. Der Alpenplan ist ein international anerkanntes landesplanerisches Instrument. Es bewahrt die bayerischen Alpen seit 44 Jahren vor Übererschließungen. Auch Aufgrund des Alpenplanes haben die bayerischen Berge ihren ursprünglichen Charakter bis heute bewahrt. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass es Alpenregionen gibt, bei denen die Landschaft wirtschaftlichen Interessen sehr viel mehr untergeordnet wird – mit fatalen Folgen für die Natur und das Landschaftsbild.

Keine Geringere als die Bayerische Staatregierung hat den Alpenplan 1972 ins Leben gerufen. Damals drohten Seilbahnerschließungen an einigen prominenten Bergen – etwa am Watzmann oder an der Alpspitze (Wetterstein). Und am Riedberger Horn. Es wäre fatal, wenn ausgerechnet dort jetzt der Alpenplan ausgehebelt werden würde. Ein Präzedenzfall wäre geschaffen, der unabsehbare Folgen für die gesamten bayerischen Alpen haben könnte.

 

Welche Alternativen gibt es?

Die Region am Riedberger Horn braucht nach Überzeugung des DAV keine Skischaukel. Obermaiselstein und Balderschwang haben längst bewiesen, dass sie mit der bestehenden Seilbahn-Infrastruktur und einem breit gefächerten touristischen Angebot sowohl im Sommer als auch im Winter sehr erfolgreich sind. Eine besondere Bedeutung hat dabei das äußerst beliebte Riedberger Horn. Die Möglichkeiten für Urlauber wie Einheimische reichen dort vom Wandern über Schneeschuhgehen bis hin zu Skitouren. All diese Aktivitäten leben von einer unberührten Landschaft – und nicht von einer Skischaukel. Mit der Erschließung würde die Attraktivität der Region nicht erhöht, sondern vermindert werden.

 

Ein Traum für Tourengeher: Die unberührte Landschaft rund um das Riedberger Horn. Foto: DAV

Ein Traum für Tourengeher: Die unberührte Landschaft rund um das Riedberger Horn. Foto: DAV

Der Alpenplan – seine Geschichte und seine Bedeutung

Die Deutschen lieben ihre Berge. Den wenigsten ein Begriff ist jedoch das dafür verant- wortliche Instrument – der seit über 40 Jahren gültige Alpenplan. Denn genau dieses inter- national viel beachtete und einzigartige Konzept zur Raumplanung macht unsere Berge zu dem, was wir heute so schätzen. So schreibt der 1972 von der Bayerischen Staatsregierung erlassene Alpenplan vor, wo in den Bayerischen Alpen Verkehrswege, d.h. Straßen, Gleise, Wege, Pisten und Lifte gebaut werden dürfen und wo nicht. Als landesplanerisches Instru- ment für eine nachhaltige Entwicklung steuert er die Nutzung der Alpen und ist insbesonde- re in Zeiten starker Frequentierung alpiner Räume von hoher Bedeutung.

 

Die Geschichte des Alpenplans

In den 50er- und 60er-Jahren erschlossen zahlreiche Berggemeinden ihre Gipfel mittels Bergbahnen und Skilifte, sodass ein wahrer „Erschließungshype“ entstand. Die damals ein- zig staatliche Stelle für Naturschutz in Bayern, die Landesstelle für Naturschutz in München, sah sich gezwungen, auf die massiven Eingriffe zu reagieren: Mit starker Befürwortung der besorgten Öffentlichkeit und mit Zuspruch des Alpenvereins entstand der Alpenplan. Ein Konzept, das sich zum Ziel gesetzt hat, die bayerischen Alpen, ihre Berglandschaft und die alpine Natur damals und in Zukunft gegenüber örtlichen Interessen und vor möglichen wei- teren Belastungen zu schützen. 2013 hat die Bayerische Staatsregierung und der Bayeri- sche Landtag die Gültigkeit des Alpenplanes nochmals eindrücklich bestätigt.

 

Drei Zonen mit unterschiedlichem Schutzbedürfnis

Zur Erreichung dieses Ziels ist der bayerische Alpenraum in die drei Zonen A, B und C un- terteilt. Je nach Art sind unterschiedliche Infrastrukturmaßnahmen erlaubt oder untersagt. In der Zone A, die 35 Prozent der Fläche umfasst, ist die Errichtung weiterer Erschließungs- anlagen grundsätzlich möglich. Entsprechende Vorhaben werden jedoch auf ihre Raum- und Umweltverträglichkeit überprüft. In der Zone B, die 23 % des bayerischen Alpenraums betrifft, sind Verkehrserschließungen nur unter Berücksichtigung eines strengen Maßstabes möglich.

 

Heutige Bedeutung des Alpenplans

Immer wieder in der Diskussion steht die sogenannte Schutzzone C, die insgesamt 43 Pro- zent der Alpenfläche umfasst. Denn: Im Gegensatz zu den Entwicklungszonen A und B ist in dieser empfindlichen Zone jede technische Erschließung außerhalb notwendigster Maß- nahmen (also z.B. Alm- und Forstwege) untersagt.

Vor Inkrafttreten des Alpenplans waren viele Bergbahnen in Zone C geplant, die nach 1972 nicht gebaut wurden. Darunter fallen Projekte am Watzmann, dem Riedberger Horn, am Hochgern, am Innzeller Kienberg oder der Alpspitze. Heute sind diese Berge bedeutende Schutzräume für Fauna und Flora, aber auch attraktive Ziele für Natursportler und Erho- lungssuchende. Ganz so also, wie es der Alpenplan als verbindlicher Teil des Landesent- wicklungsprogramms Bayern, dem wichtigsten Instrument der Landesplanung, vorsieht.

 

Interview mit Manfred Scheuermann aus dem Ressort Natur- und Umweltschutz beim Deutschen Alpenverein

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