DAV warnt: Hände weg vom Riedberger Horn

Riedberger Horn vom Weiherkopf_vollBalderschwang (Bayern) – Die Pläne für den Bau einer Skischaukel am Riedberger Horn im Oberallgäu sorgen für Streit zwischen Naturschützern, Lokalpolitikern und Tourismusvertretern. Mit der neuen Liftanlage sollen die beiden kleinen Skigebiete in Balderschwang und Obermaiselstein miteinander verbunden werden. Doch der Widerstand wächst. So hat sich unter anderem der Deutsche Alpenverein klar gegen das Projekt ausgesprochen. Über die Gründe sprach ALPENmag mit Manfred Scheuermann aus dem Ressort Natur- und Umweltschutz beim Deutschen Alpenverein.

 

Manfred Scheuermann, Ressort Natur- und Umweltschutz beim Deutschen Alpenverein Foto: DAV

Manfred Scheuermann, Ressort Natur- und Umweltschutz beim Deutschen Alpenverein Foto: DAV

Herr Scheuermann, viele Skiorte rüsten in den Alpen weiter auf und nehmen neue Liftanlagen in Betrieb. Warum lehnt der DAV gerade die Skischaukel am Riedberger Horn ab?

Manfred Scheuermann: Dafür gibt es mehrere wichtige Gründe: Erstens ist von den Planungen die Zone C des Alpenplans betroffen, die anders als die Zonen A und B besonderen Natur- und Landschaftsschutz genießt. Die Zone C ist für sanfte Tourismusformen wie Wandern, Skitouren- und Schneeschuhgehen reserviert. Lifte, Seilbahnen und Skipisten dürfen dort nicht errichtet werden. Der Alpenplan gilt seit über 40 Jahren, er ist Bestanteil des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP) und erst kürzlich von der Bayerischen Staatsregierung bestätigt worden. Sollte nun tatsächlich eine Ausnahme genehmigt werden, würde ein Präzedenzfall geschaffen, mit dem Risiko, dass in anderen Regionen der Bayerischen Alpen ähnliche Begehrlichkeiten aufkommen.

 

Was für einen Grund gibt es noch?

Manfred Scheuermann: Zweitens ist das Gebiet um das Riedberger Horn ein hochwertiger Lebensraum für die in Bayern vom Aussterben bedrohten Birkhühner. Die Region gilt als zentrales Quellgebiet für umlegende Lebensräume, das heißt von dort aus werden andere Bereiche mit „Nachwuchs“ versorgt. Mit einer Verbindungsbahn, die wie geplant bis etwa 100 Höhenmeter an den Gipfel heranreicht, würden Variantenskifahrer und Freerider den Berg flächendeckend befahren. Der Lebensraum für Birkhühner ginge unwiederbringlich verloren. Im Rahmen des DAV-Projektes „Skibergsteigen umweltfreundlich“ sind wir seit Jahren sehr darum bemüht, ein Miteinander von Mensch und Natur am Riedberger Horn zu gewährleisten und dies ist bis heute gelungen. Der Berg ist unter Wanderern und Tourengehern sehr beliebt, dennoch ist ein hoher Birkhuhn-Bestand erhalten geblieben.

 

Und drittens?

Manfred Scheuermann: Im Falle einer Erschließung ginge das Riedberger Horn auch als sehr attraktives Touren- und Wandergebiet verloren. Gerade darin sehen wir das größte touristische Potential der Region bereits heute und für die Zukunft. Ein weiterer Grund, der klar gegen eine Erschließung spricht, sind die geologischen Bedingungen. Die vorherrschenden Flyschgesteine sind sehr erosions- und rutschgefährdet. Schutzwald, der zur Stabilisierung dringend gebraucht wird, würde für die Seilbahntrasse und die geplante neue Abfahrt nach Balderschwang gerodet werden.

 

Das Riedberger Horn Foto: DAV

Das Riedberger Horn Foto: DAV

Das Riedberger Horn ist ein beliebtes Ziel für Tourengeher. Macht es wirklich einen großen Unterschied, wenn zusätzlich noch eine Liftanlage aufgebaut wird?

Manfred Scheuermann: Die geplante Verbindungsbahn und eine neue Skiabfahrt durch den Wald ins Balderschwanger Tal wären Neuerschließungen in einer Größenordnung, die es im bayerischen Alpenraum seit Jahrzehnten, seit Bestehen des Alpenplans, nicht mehr gegeben hat. Zur Erklärung der geplanten Verbindung in den Medien wird immer wieder die im Gebiet Grasgehren aufgestellte Skigebiets-Panoramatafel verwendet. Darauf sieht es so aus, als ob die beiden bestehenden Skigebiete nahe beieinander liegen. Dies ist eine „Wunschdarstellung“, in Wirklichkeit liegen die vorhandenen Bergstationen mehr als zwei Kilometer voneinander entfernt. Die Verbindungsbahn würde über zwei bisher unerschlossene Bergkämme hinweggeführt und somit zwei Geländekammern betreffen, die derzeit im Winter nur von Skitouren- und Schneeschuhgehern genutzt werden.

 

Die Befürworter argumentieren, Balderschwang müsse aufrüsten, um als Tourismusort wettbewerbsfähig zu bleiben. Sind Arbeitsplätze in Gefahr, wenn die Skischaukel  nicht gebaut wird?

Manfred Scheuermann: Balderschwang ist durch seine vielfältige Landschaft, Abgeschiedenheit und Schneesicherheit heute bereits in der glücklichen Lage, sehr gut vom Tourismus zu profitieren. Zudem haben die Bewohner erkannt, dass es ein diversifiziertes Angebot braucht: Es gibt gute Möglichkeiten und Angebote für Skilanglauf, Ski- und Schneeschuhtouren, ein attraktives Skigebiet für Familien, hochwertige Hotels etc. Wenn die Gemeinde diesen Weg weitergeht, wird sie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen. Mit den Vorarlberger Skigebieten in Konkurrenz treten zu wollen, ist sicher nicht zielführend und auch gar nicht nötig.

 

Ein Traum für Tourengeher: Die unberührte Landschaft rund um das Riedberger Horn. Foto: DAV

Ein Traum für Tourengeher: Die unberührte Landschaft rund um das Riedberger Horn. Foto: DAV

Sie kennen die Region. Wie ist die Stimmung der Bürger vor Ort?

Manfred Scheuermann: Leider ist die Stimmung derzeit dort sehr aufgeheizt. Gegner und Befürworter stehen sich teils uneinsichtig gegenüber. Das Riedberger Horn ist immer wieder in den Schlagzeilen. Es ist sehr zu hoffen, dass seitens des zuständigen Bayerischen Heimatministeriums, wie bereits jetzt seitens des Bayerischen Umweltministeriums, eine klare und gut begründete Entscheidung gegen das Vorhaben getroffen wird. Wenn Klarheit herrscht, lassen sich die begonnen Konzepte für einen nachhaltigen Tourismus konstruktiv weiterentwickeln. Der Deutsche Alpenverein hat seine aktive Unterstützung dabei bereits unter Beweis gestellt und bietet sie gerne weiterhin an.

 

Der Alpenverein hat sich klar gegen das Projekt ausgesprochen. Wer sind Ihre Unterstützer?

Manfred Scheuermann: Der DAV, alle anderen bayerischen Naturschutzverbände und die CIPRA Deutschland mit zusammen etwa 1,5 Millionen Mitgliedern sprechen sich mit aller Deutlichkeit gegen dieses Vorhaben aus. Schließlich geht es um zentrale Anliegen des Naturschutzes und um die Erhaltung einer hochattraktiven Gebirgslandschaft für naturnahe Erholungsformen.

 

Anfang Oktober hat es bereits vor der Staatskanzlei eine Demonstration gegen das Projekt gegeben. Was sind die nächsten Aktionen?

Manfred Scheuermann: Es gab weitere Demonstrationen in Kempten und Fischen, ein live im Bayerischen Fernsehen übertragenes Bürgerforum, diverse Beiträge in den Medien. Auf der politischen Ebene hat sich der angesehene CSU-Politiker Alois Glück mit einem Schreiben an die Bayerische Staatsregierung gewandt, in dem er sich klar gegen die Erschließungsplanungen ausspricht. Der DAV und die anderen Naturschutzverbände werden keine Gelegenheit auslassen, ihre Ablehnung kund zu tun, aber auch nicht müde werden, zukunftsweisende alternative Konzepte zu unterstützen.

 

Weitere Informationen über den Deutschen Alpenverein: http://www.alpenverein.de

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