Coronapandemie: Robert Koch-Institut hat Bundesregierung bereits 2012 gewarnt – Gutachten beschreibt Szenario im Detail

Berlin (21. März 2020) –„Pandemie durch Virus Modi-Sars“: Bereits im Dezember 2012, also vor mehr als sieben Jahren, hat das Robert Koch-Institut die Bundesregierung eindringlich vor den Folgen einer Pandemie mit einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems sowie Engpässen, unter anderem bei Arzneimitteln, Medizinprodukten, persönlichen Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel, gewarnt.

Die damalige Vorhersage entspricht bislang dem Verlauf der aktuellen Coronavirus-Pandemie. Die Experten stuften das Eintreten als „bedingt wahrscheinlich“ ein und analysierten ein Ereignis, „das statistisch in der Regel einmal in einem Zeitraum von 100 bis 1.000 Jahren eintritt“. Die aktuelle Coronavirus-Pandemie ist 100 Jahre nach der spanischen Grippe ausgebrochen.

„Für den gesamten zugrunde gelegten Zeitraum von drei Jahren ist mit mindestens 7,5 Millionen Toten als direkte Folge der Infektion zu rechnen. Nachdem die erste Welle abklingt, folgen zwei weitere, schwächere Wellen, bis drei Jahre nach dem Auftreten der ersten Erkrankungen ein Impfstoff verfügbar ist.“ 

Drucksache 17/12051 vom 3. Januar 2013 des Deutschen Bundestages

„Um die Frage .Wie kann der Staat eine bedarfs- und risikoorientierte Vorsorge- und Abwehrplanung im Zivil- und Katastrophenschutz gewährleisten?‘ wirklich ausreichend beantworten zu können, ist als Grundlage eine fundierte Risikoanalyse erforderlich. Diese dient der vorausschauenden und strukturierten Beschäftigung mit möglichen bundesrelevanten Gefahren und den bei ihrem Eintritt zu erwartenden Auswirkungen auf die Bevölkerung, ihre Lebensgrundlagen und die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland“, heißt es einleitend in der Drucksache 17/12051 vom 3. Januar 2013 des Deutschen Bundestages.

Der Pandemie-Verlauf nach den Berechnungen der Experten im Jahr 2012

Die Risikoanalyse „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ sei unter fachlicher Federführung des Robert Koch-Instituts und Mitwirkung weiterer Bundesbehörden durchgeführt. 

Weiter heißt es in der Einleitung: „Die Wahl eines SARS-ähnlichen Virus erfolgte u. a. vor dem Hintergrund, dass die natürliche Variante 2003 sehr unterschiedliche Ge- sundheitssysteme schnell an ihre Grenzen gebracht hat. Das Szenario beschreibt eine von Asien ausgehende, weltweite Verbreitung eines hypothetischen neuen Virus, welches den Namen Modi-SARS-Virus erhält. Mehrere Personen reisen nach Deutschland ein, bevor den Behörden die erste offizielle Warnung durch die WHO zugeht. Darunter sind zwei Infizierte, die durch eine Kombination aus einer großen Anzahl von Kontaktpersonen und hohen Infektiosität stark zur initialen Verbreitung der Infektion in Deutschland beitragen.“

„Obwohl die laut Infektionsschutzgesetz und Pandemieplänen vorgesehenen Maßnahmen durch die Behörden und das Gesundheitssystem schnell und effektiv umgesetzt werden, kann die rasche Verbreitung des Virus aufgrund des kurzen Intervalls zwischen zwei Infektionen nicht effektiv aufgehalten werden. Zum Höhepunkt der ersten Erkrankungswelle nach ca. 300 Tagen sind ca. 6 Millionen Menschen in Deutschland an Modi-SARS erkrankt. Das Gesundheitssystem wird vor immense Herausforderungen gestellt, die nicht bewältigt werden können.“

„Unter der Annahme, dass der Aufrechterhaltung der Funktion lebenswichtiger Infrastrukturen höchste Priorität eingeräumt wird und Schlüsselpositionen weiterhin besetzt bleiben, können in den anderen Infrastruktursektoren großflächige Versorgungsausfälle vermieden werden. Nachdem die erste Welle abklingt, folgen zwei weitere, schwächere Wellen, bis drei Jahre nach dem Auftreten der ersten Erkrankungen ein Impfstoff verfügbar ist.“ 

Aus dem Gutachten an den Deutschen Bundestag

Bei den folgenden Passagen, die ALPENmag dokumentiert, handelt es sich ausschließlich um Original-Zitate aus dem Gutachten, das als Anlage 4 der Drucksache 17/12051 vom 3. Januar 2013 des Deutschen Bundestages angefügt worden ist. Dieses Gutachten ist öffentlich über die offizielle Webseite des Deutschen Bundestages abrufbar.

„Die Inkubationszeit, also die Zeit von der Übertragung des Virus auf einen Menschen bis zu den ersten Symptomen der Erkrankung, beträgt meist drei bis fünf Tage, kann sich aber in einem Zeitraum von zwei bis 14 Tagen bewegen. Fast alle Infizierten erkranken auch. Die Symptome sind Fieber und trockener Husten, die Mehrzahl der Patienten hat Atemnot, in Röntgenaufnahmen sichtbare Veränderungen in der Lunge, Schüttelfrost, Übelkeit und Muskelschmerzen. Ebenfalls auftreten können Durchfall, Kopfschmerzen, Exanthem (Ausschlag), Schwindelgefühl, Krämpfe und Appetitlosigkeit. Die Letalität ist mit 10% der Erkrankten hoch, jedoch in verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich stark ausgeprägt. Kinder und Jugendliche haben in der Regel leichtere Krankheitsverläufe mit Letalität von rund 1%, während die Letalität bei über 65-Jährigen bei 50% liegt.“ 

„Zur Behandlung stehen keine Medikamente zur Verfügung, so dass nur symptomatisch behandelt werden kann. Ein Impfstoff steht ebenfalls für die ersten drei Jahre nicht zur Verfügung. Neben Einhaltung von Hygienemaßnahmen können Schutzmaßnahmen in dem Sinne also ausschließlich durch Absonderung Erkrankter bzw. Ansteckungsverdächtiger, sowie den Einsatz von Schutzausrüstung wie Schutzmasken, Schutzbrillen und Handschuhen getroffen werden. Absonderung, Isolierung und Quarantäne sind aber nur von begrenzter Wirksamkeit, da schon bei Beginn der Symptomatik eine sehr ausgeprägte Infektiosität besteht.“ 

„Das Ereignis beginnt im Februar in Asien, wird dort allerdings erst einige Wochen später in seiner Dimension/Bedeutung erkannt. Im April tritt der erste identifizierte Modi-SARS-Fall in Deutschland auf.“ 

„Der Erreger stammt aus Südostasien, wo der bei Wildtieren vorkommende Erreger über Märkte auf den Menschen übertragen wurde. Da die Tiere selbst nicht erkranken, war nicht erkennbar, dass eine Infektionsgefahr bestand.“ 

„Es ist so lange mit Neuerkrankungen zu rechnen, bis ein Impfstoff verfügbar ist. Für das vorliegende Szenario wird ein Gesamtzeitraum von drei Jahren zugrunde gelegt mit der Annahme, dass nach dieser Zeit ein Impfstoff entwickelt, freigegeben und in ausreichender Menge verfügbar ist. Der Erreger verändert sich im Verlauf der drei Jahre durch Mutationen so, dass auch Personen, die eine Infektion bereits durchlebt haben, wieder anfällig für eine Infektion werden. Hierdurch kommt es insgesamt zu drei Erkrankungswellen unterschiedlicher Intensität.“ 

Die Auswirkungen der Pandemie laut der Experten auf den Transport

„Die zuständigen Behörden, zunächst die Gesundheitsämter und dort vornehmlich die Amtsärzte, haben Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten zu ergreifen. Das IfSG erlaubt dazu unter anderem Einschränkungen von Grundrechten (§ 16 IfSG), wie z. B. das Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 GG). Im Rahmen von notwendigen Schutzmaßnahmen können zudem das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 GG) und die Versammlungsfreiheit (Artikel 8 GG) eingeschränkt werden (§ 16 Absatz 5 bis 8 und § 28 IfSG). Neben diesen direkt vom Amtsarzt anzuordnenden Maßnahmen kann das Bundesministerium für Gesundheit durch eine Rechtsverordnung anordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben (§ 20 Absatz 6 IfSG), wodurch das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG) eingeschränkt werden kann.“

„Diese Aufgaben stellen die zuständigen Behörden im Verlauf des hier zugrunde gelegten Ereignisses vor große bzw. mitunter nicht mehr zu bewältigende Herausforderungen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die personellen und materiellen Ressourcen als auch in Bezug auf die Durchsetzbarkeit behördlicher Maßnahmen.“ 

„Die nachstehend aufgeführten kritischen Infrastrukturen sind komplexe Systeme, von denen eine Vielzahl von Versorgungsfunktionen abhängt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung einzelner Infrastruktursektoren und -branchen auch Einfluss auf andere Infrastrukturen und ihre Versorgungsleistungen haben wird.“ 

„Langfristig ist auch davon auszugehen, dass es zu grundsätzlichen Schwierigkeiten im Betrieb der Infrastrukturen durch den dauerhaften Ausfall von Personal (Verstorbene) kommen wird.“ 

„Der Betrieb kritischer Infrastrukturen ist an vielen Stellen auf hoch qualifiziertes und spezialisiertes Personal angewiesen, dessen Ausfall weit reichende Folgen haben kann (z. B. im Bereich der Steuerung von Übertragungsnetzen, in der Flugsicherung, etc.) und Versorgungsausfälle oder -engpässe bundesrelevanten Ausmaßes mit sich bringen könnte.“ 

„Darüber hinaus sind mit Blick auf vielfältige internationale Verflechtungen auch Versorgungsleistungen aus anderen Ländern für Deutschland von großer Bedeutung. Zahlreiche Güter und Dienste werden weltweit jeweils von nur wenigen Schlüsselproduzenten bereitgestellt. Somit könnten Ausfälle im Bereich importierter Güter und Rohstoffe auch in Deutschland zu spürbaren Engpässen und Kaskadeneffekten führen.“ 

Medizinische Versorgung

„Die hohe Zahl von Konsultationen und Behandlungen stellt sowohl Krankenhäuser als auch niedergelassenen Ärzte vor immense Probleme. Die medizinische Versorgung bricht bundesweit zusammen.“ 

„Die personellen und materiellen Kapazitäten reichen nicht aus, um die gewohnte Versorgung aufrecht zu erhalten. Der aktuellen Kapazität von 500.000 Krankenhausbetten (reine Bettenanzahl, von denen ein Teil bereits von anders Erkrankten belegt ist, die Bettenzahl ließe sich durch provisorische Maßnahmen leicht erhöhen) stehen im betrachteten Zeitraum (1. Welle) mehr als 4 Millionen Erkrankte gegenüber, die unter normalen Umständen im Krankenhaus behandelt werden müssten. Der überwiegende Teil der Erkrankten kann somit nicht adäquat versorgt werden, so dass die Versorgung der meisten Betroffenen zu Hause erfolgen muss. Notlazarette werden eingerichtet.“ 

„Auch im Gesundheitsbereich kommt es zu überdurchschnittlich hohen Personalausfällen (z. B. aufgrund erhöhter Ansteckungsgefahr, psycho- sozialer Belastungen) bei gleichzeitig deutlich erhöhtem Personalbedarf.“ 

„Arzneimittel, Medizinprodukte, persönliche Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel werden verstärkt nachgefragt. Da Krankenhäuser, Arztpraxen und Behörden in der Regel auf schnelle Nachlieferung angewiesen sind, die Industrie die Nachfrage jedoch nicht mehr vollständig bedienen kann, entstehen Engpässe.“ 

„Aufgrund der hohen Sterberate stellt auch die Beisetzung der Verstorbenen eine große Herausforderung dar (Massenanfall an Leichen, Sorge vor Infektiosität).“ 

Ernährungswirtschaft

„Die Produktion von Lebensmitteln ist nicht in gewohnter Menge und Vielfalt möglich.“ 

„Krankheitsbedingte Ausfälle im Bereich der Landwirtschaft (v.a. in kleinen und mittleren Betrieben) führen mitunter zu deutlichen Verlusten in der landwirtschaftlichen Produktion.“ 

„Der nicht überall zu kompensierende, krankheitsbedingte Personalausfall führt in der verarbeitenden Industrie v.a. zu Spitzenzeiten (z. B. Erntezeit) mitunter zu erheblichen Auswirkungen.“ 

Lebensmittelhandel

„Die Versorgung mit Lebensmitteln ist nicht in gewohnter Menge und Vielfalt möglich.“ 

„Mit Ladenschließungen ist zu rechnen, jedoch nicht flächendeckend.“ 

„Aufgrund der grundsätzlich vielen Personenkontakte kommt es zu erhöhten Personalausfällen. Engpässe können nur zum Teil kompensiert werden.“ 

„Die Versorgung Institutionen (z. B. Krankenhäuser, Altenheimen) kann grundsätzlich aufrechterhalten werden. Die Individualversorgung ist regional jedoch mitunter stark eingeschränkt.“ 

Notfall-/Rettungswesen einschließl. Katastrophenschutz 

„Aufgrund der flächendeckenden und langandauernden Lage werden alle Kräfte des deutschen Notfall- und Rettungswesens einschließlich des Katastrophenschutzes stark beansprucht. Auch die Hilfeleistungspotentiale des Bundes (z. B. THW, Bundespolizei, Bundeswehr) werden in allen Bereichen unterstützend eingesetzt. Trotz maximalen Einsatzes können die Aufgaben v.a. während der Höhepunkte der Erkrankungswellen nicht bewältigt werden.“ 

„Die Mobilisierung der ehrenamtlichen Potentiale gelingt nur unzureichend, zumal es in dem hauptsächlich ehrenamtlich getragen Hilfeleistungssystem Deutschlands zu Interessenkonflikten kommt.“ 

Entsorgung

Es kommt zu erheblichen Problemen im Bereich der Entsorgung (z. B. Müllabfuhr). 

Groß- und Einzelhandel

Die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs ist nicht in gewohnter Menge und Vielfalt möglich. 

Auswirkungen auf das Schutzgut MENSCH:

Tote (M1):

Es ist über den gesamten Zeitraum mit mindestens 7,5 Millionen Toten zu rechnen.

Verletzte/Erkrankte (M2):

Allein während der ersten Erkrankungswelle ist gleichzeitig mit 6 Millionen Erkrankten zu rechnen. Über den gesamten Zeitraum ist die Zahl der Erkrankten noch deutlich höher.

Hilfebedürftige (M3):

Wo Isolierung, Absonderung, Quarantäne erforderlich sind, sind die betroffenen Personen auf entsprechende Versorgung von außen angewiesen, ebenso könnte die Versorgung insbesondere von älteren und kranken Menschen mit Nahrungsmitteln und Medikamenten erschwert sein und ggf. ein staatliches Eingreifen erforderlich machen, z. B. weil Pflegepersonal nicht durch Impfung geschützt ist (d.h. erschwerte Arbeitsbedingungen, Mehraufwand usw.). Beispielhafte, denkbare Fälle:

– Menschen in häuslicher Quarantäne müssen versorgt und (ihre gesundheitlichen Parameter) kontrolliert werden – ohne diese Maßnahmen wird die Quarantäne nicht eingehalten

– Ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen werden durch die Entwicklung besonders verunsichert und vermeiden es, Geschäfte aufzusuchen

– Menschen, die sich zuvor um ältere oder kranke Nachbarn gekümmert haben (Einkäufe, Apothekengänge), fahren dieses Engagement aus den verschiedensten Gründen zurück (z. B. selbst verängstigt; zu beschäftigt mit der eigenen Situation; Verlassen des Wohnorts, um sich um eigene Angehörige zu kümmern)

– Lieferservice der Apotheken bricht zusammen

Auswirkungen auf das Schutzgut VOLKSWIRTSCHAFT: 

Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen sind hier nicht konkret abschätzbar, könnten allerdings immens sein. Da im gesamten Ereignisverlauf mindestens 7,5 Millionen Menschen sterben, ist trotz der Altersverteilung der Letalitätsrate mit dem Tod einer Vielzahl von Erwerbstätigen zu rechnen. Sollten z. B. vier Millionen Erwerbstätige versterben, wären dies ca. zehn Prozent aller Erwerbstätigen, dieser Verlust wäre volkswirtschaftlich deutlich spürbar und mit einem hohen Einbruch des Bruttoinlandprodukts verbunden. 

Öffentliche Hand (V1): 

Mit massiven Kosten für die öffentliche Hand ist zu rechnen, u.a. durch den Verbrauch von medizinischem Material und Arzneimitteln sowie durch die Entwicklung und Beschaffung eines Impfstoffes. Durch den Ausfall von Wirtschaftsleistung sind geringere Steuereinnahmen zu erwarten. Dies führt in Verbindung mit dem Anstieg der Gesundheitskosten voraussichtlich zu einer erheblichen Belastung der Sozialversicherungssysteme, vor allem der gesetzlichen Krankenversicherung. 

Private Wirtschaft (V2): 

Mit Einbußen an wirtschaftlicher Leistung durch Krankenstände beim Personal bzw. Todesfälle in der Belegschaft der Unternehmen, zusätzlichen Kosten durch Anpassungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs, höheren Kosten für Transport und Logistik bzw. Einschränkungen beim Transport von Waren und einem geänderten (zurückhaltenden) Konsum- und Investitionsverhalten der Bevölkerung und anderer Unternehmen ist zu rechnen, ebenso mit behördlich angeordneten Einschränkungen des internationalen Handels und Flugverkehrs/Reiseverkehrs und einem Rückgang des Tourismus. 

Generell ist zu berücksichtigen, dass Unternehmen die Auswirkungen der Pandemie selbst bei guter Planung und Vorbereitung ggf. nicht mehr kompensieren können (generelle Rationalisierungstendenzen: dünne Personaldecke, Abhängigkeit von Zulieferern, Just-in-Time- Produktion usw.). Dies kann sogar dazu führen, dass weltweit Produktionsketten zum Erliegen kommen. 

Mit Blick auf vielfältige internationale Verflechtungen sind auch Versorgungsleistungen aus anderen Ländern für Deutschland von großer Bedeutung. Zahlreiche Güter und Dienste werden weltweit von nur wenigen Schlüsselproduzenten bereitgestellt. Somit könnten Ausfälle im Bereich importierter Güter und Rohstoffe auch in Deutschland zu spürbaren Engpässen und Kaskadeneffekten führen. 

Private Haushalte (V3): 

Da durch das Ereignis keine unmittelbaren Schäden an Privatbesitz zu erwarten sind, ist hier nicht davon auszugehen, dass Wiederherstellungsmaßnahmen erforderlich sind.
Für private Haushalte, in denen erwerbstätige Personen durch das Ereignis sterben oder arbeitsunfähig werden, ist mit entsprechend schweren wirtschaftlichen Auswirkungen zu rechnen. 

Auswirkungen auf das Schutzgut IMMATERIELL: 

Öffentliche Sicherheit und Ordnung (I1): 

Es ist davon auszugehen, dass die Verunsicherung der Bevölkerung, die bei einer schweren Pandemie zu erwarten ist, sich auch auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung auswirkt. 

Die Auswirkungen einer solchen Pandemie auf die Gesellschaft sind allerdings nur schwer abzuschätzen und hängen von verschiedenen Faktoren ab, z. B. von der Art und Weise des behördlichen Handelns und der behördlichen Kommunikation, der Berichterstattung in den Medien etc. Im vorliegenden Szenario wird davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Bevölkerung sich solidarisch verhält und versucht, die Auswirkungen des Ereignisses durch gegenseitige Unterstützung und Rücksichtnahme zu verringern. Ähnlich solidarische Verhaltensweisen wurden vielfach bei anderen Extremsituationen beobachtet. Gleichwohl ist es nicht auszuschließen, dass eine zunehmende Verunsicherung und das Gefühl, durch die Behörden und das Gesundheitswesen im Stich gelassen zu werden, aggressives und antisoziales Verhalten fördert. 

Hierunter fallen z. B. 

  •  Einbrüche/Diebstähle, z. B. zur Erlangung von Medikamenten (z. B. Antibiotika) usw. 
  •  Plünderungen und Vandalismus 
  •  Handel mit gefälschten Medikamenten 
  •  Aktionen gegen Behörden oder Gesundheitseinrichtungen (aus Verärgerung, z. B. wegen vermeintlich ungerechter Behandlung bei medizinischer Versorgung) 

Ob Menschen zu solchen Mitteln greifen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Gerät ein Mensch in einen Zielkonflikt, steigt die Wahrscheinlichkeit einer solchen Reaktion (z. B. Plünderung eines Supermarkts, wenn dies als einzige Möglichkeit erscheint, die eigene Familie zu versorgen, ebenso Plünderung einer Apotheke etc.). 

Es wird angenommen, dass jeder Infizierte im Durchschnitt drei Personen infiziert und es jeweils drei Tage dauert, bis es zur nächsten Übertragung kommt. Sogenannte „Super Spreader“ werden hierbei nicht berücksichtigt.4

Mittel zur Eindämmung sind beispielsweise Schulschließungen und Absagen von Großveranstaltungen. Neben diesen Maßnahmen, die nach dem Infektionsschutzgesetz angeordnet werden können, gibt es weitere Empfehlungen, die zum persönlichen Schutz, z. B. bei beruflich exponierten Personen, beitragen wie die Einhaltung von Hygieneempfehlungen. 

Über den Zeitraum der ersten Welle (Tag 1 bis 411) erkranken insgesamt 29 Millionen, im Verlauf der zweiten Welle (Tag 412 bis 692) insgesamt 23 Millionen und während der dritten Welle (Tag 693 bis 1052) insgesamt 26 Millionen Menschen in Deutschland. Für den gesamten zugrunde gelegten Zeitraum von drei Jahren ist mit mindestens 7,5 Millionen Toten als direkte Folge der Infektion zu rechnen. Zusätzlich erhöht sich die Sterblichkeit sowohl von an Modi-SARS Erkrankten als auch anders Erkrankter sowie von Pflegebedürftigen, da sie aufgrund der Überlastung des medizinischen und des Pflegebereiches keine adäquate medizinische Versorgung bzw. Pflege mehr erhalten können 

Von den Erkrankten sterben rund 10%. Der Pool der infizierbaren Personen und damit potentieller Überträger der Infektion wird mit der Zeit kleiner, da Personen, die infiziert waren und zwischenzeitlich genesen sind, nun zunächst immun gegen den Erreger sind, während andere Personen an ihrer Erkrankung verstorben sind. Nach einem Höhepunkt sinkt die Neuerkrankungsrate auch, weil die Bevölkerung allgemein mit verstärkten (Eigen-) Schutzmaßnahmen auf das massive Krankheitsgeschehen reagiert. Infolge dieser Maßnahmen nehmen die Neuerkrankungen ab, was zum Nachlassen der individuellen Schutzmaßnahmen führt (aufgrund einer geringeren subjektiven Risikowahrnehmung), wodurch wiederum die Zahl der Neuerkrankungen zunimmt. Diese Wechselwirkungen tragen neben dem Auftreten neuer Virusvarianten zu einem Verlauf mit mehreren Höhepunkten bei. Dabei ist so lange mit Neuerkrankungen zu rechnen, bis ein Impfstoff verfügbar ist (36 Monate). 

Die enorme Anzahl Infizierter, deren Erkrankung so schwerwiegend ist, dass sie hospitalisiert sein sollten bzw. im Krankenhaus intensivmedizinische Betreuung benötigen würden, übersteigt die vorhandenen Kapazitäten um ein Vielfaches (siehe Abschnitt KRITIS, Sektor Gesundheit, medizinische Versorgung). Dies erfordert umfassende Sichtung (Triage) und Entscheidungen, wer noch in eine Klinik aufgenommen werden und dort behandelt werden kann und bei wem dies nicht mehr möglich ist. Als Konsequenz werden viele der Personen, die nicht behandelt werden können, versterben.