Corona-SMS: Shitstorm gegen Miesbacher Landrat

Miesbach (Oberbayern, 29. Dezember 2020) – Hohe Wellen schlägt eine SMS, die der Miesbacher Landrat Olaf von Löwis an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder geschickt hat, um sich über Tagesausflügler insbesondere aus München zu beschweren.

„Lieber Markus, ich nerve dich nur sehr ungern per SMS. Aber bei uns ufert der Tagestourismus aus. Es brennt wirklich (Spitzingsee, Schliersee u. a.). Was kann man tun, um die Ausflugswilligen zu sensibilisieren und zu informieren? Unser Krankenhaus befürchtet zurecht, dass die Notaufnahme durch die vermutlich vermehrt auftretenden Verletzungen überlastet wird. Auch unser Krankenhaus hat mit den Coronapatienten, die zunehmen, mehr als genug zu tun. Der Appell „bleibt zu Hause“ muss durch Regeln bei der Ausgangsbeschränkung untermauert werden. Die Polizei ist am Limit. Danke und herzliche Grüße Dein Olaf“

SMS von Landrat Olaf von Löwis an Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder
Wird auf seiner Facebook-Seite heftig attackiert: Miesbachs Landrad Olaf von Löwis.


Zusätzlich untermauerte Olaf von Löwis in einer Pressemitteilung des Landratsamtes seinen Vorstoß gegen die Corona-Ausflügler. Die Bilder von Autokolonnen und überfüllten Parkplätzen am Wochenende hätten ihn „entsetzt“, meinte der Landrat und schrieb. „Ich verstehe ja, dass jeder bei schönem Wetter raus in die Natur will. Aber wir stecken mitten in einer weltweiten Pandemie!“ Da müsse man eben mal eine Zeit lang nur von der eigenen Haustüre aus spazieren gehen und könne nicht aufs Land fahren.

Die Argumentation des Landrats: „Verletzt sich jemand beim Spaziergang, beim Wandern oder beim Schlittenfahren in unserem Landkreis, kommt er mit hoher Wahrscheinlichkeit in unser Kreiskrankenhaus Agatharied. Wir dürfen die lokalen Notaufnahmen nicht überlasten! Die Mitarbeiter des Krankenhauses arbeiten seit Monaten am Limit. Wir müssen alle Kräfte auf die Versorgung von Corona-Patienten und Notfällen konzentrieren. Ich bitte noch einmal alle Ausflügler: Bleiben Sie zu Hause! Seien Sie verantwortungsvoll den Landkreisen an der Alpenkette und deren Bewohnern gegenüber! Ich hoffe sehr auf die Unterstützung der Staatsregierung für uns und die umliegenden Landkreise und dass man uns die notwenigen Mittel an die Hand gibt, die wir brauchen, um den überbordenden Ausflugstourismus in den Griff zu bekommen. Wir brauchen eine gemeinsame Lösung!“

Ministerpräsident Söder und Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die ihren Wahlkreis in der Region hat, hätten, so von Löwis, bereits reagiert und versprochen, sich dem Thema anzunehmen.

In den sozialen Netzwerken schlug die SMS-Attacke des Landrats gegen die Corona-Ausflügler hohe Wellen. Aufgrund auch zahlreicher Beleidigungen musste der Landrat in einem weiteren Facebook-Post sogar zur Mäßigung aufrufen. Von Löwis: „Anstand ist eine Tugend. Dies gilt auch bei Kommentaren auf dieser Seite. Bitte bleiben Sie sachlich und höflich. Ansonsten müssen hier Kommentare, die gegen die Netiquette verstoßen gelöscht oder verborgen werden.“

In der Tat, so behaupten zahlreiche Facebook-User, seien eine ganze Reihe von Posts gelöscht worden. In den Posts vielen dann Worte wie „Zensur“, „Nord-Korea“, “Denunziation“, „Memme“ und dergleichen.

Aber Landrat von Löwis erhielt auch Zustimmung. So schrieb ein Facebook-User: „Die Polizei soll an den Autobahnausfahrten / Pendlerparkplätzen die Fahrzeuge mit auswärtigen Kennzeichen kontrollieren und Personen, die keinen triftigen Grund haben, um hier zu sein nach Hause schicken.Mehr Präsenz zeigen, damit den Auswertigen der Ausflugsspaß vergeht, so muss das Motto lauten!“

Wie sehr die Lage auch in anderen Voralpenregionen eskaliert, zeigt ein Bericht des Münchner Merkurs. Demnach sei das Auto eines Arztes am Klinikum Garmisch-Partenkirchen, der erst aus München zugezogen war und wegen des Corona-Lockdowns noch ein Münchner Kennzeichen hatte, von einem Passanten bespuckt worden.

Zwar ist nach den aktuellen Corona-Regeln des Freistaates Bayern das Verlassen der Wohnung nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt, aber dazu zählen auch „Sport und Bewegung an der frischen Luft unter Beachtung der Kontaktbeschränkung“, also auch der Ausflug in die Berge. Allerdings gilt diese Ausnahme nur bis 21 Uhr, wenn die nächtliche Ausgangssperre in Kraft tritt. Auch Ausflüge ins Nachbarland Österreich sind praktisch nicht mehr möglich, da sowohl bei der Einreise in Österreich als auch bei der Rückkehr in Bayern Quarantänezeiten eingehalten werden müssen.

Wie ALPENmag aus dem bayerischen Innenministerium erfuhr, wird derzeit geprüft, ob die Corona-Regeln weiter verschärft werden sollen. Eine Variante, die derzeit diskutiert wird, ist, dass die Bewegungsfreiheit an der frischen Luft auf ein paar Kilometer im Umkreis der eigenen Wohnung beschränkt wird. In diesem Fall dürften dann insbesondere die Münchner nicht mehr an die bayerischen Seen oder in die Voralpen fahren.