Corona-Pandemie: Bayerns Hausärzte widersprechen KBV-Chef Gassen

München (Oberbayern, 15.01.2021) – „Der Bayerische Hausärzteverband hält die wiederholt medial sehr exponiert vorgestellte pandemische Agenda des Herrn Gassen für falsch und distanziert sich ausdrücklich von diesen Corona-Thesen“, erklärt Dr. Markus Beier. Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes reagiert damit auf die Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). So hatte sich KBV-Chef Dr. Andreas Gassen am Mittwoch in einem Interview abfällig über die Corona-Maßnahmen der Bundes- und der Länderregierungen geäußert und wörtlich gesagt: „Der Lockdown, der jetzt seit Anfang November anhält, hat quasi nichts gebracht. Die Todeszahlen sind unverändert hoch. Der Schutz der Risikogruppen ist immer noch beschämend schlecht.“

Hat mit seinen Äußerungen zur Corona-Pandemie heftigen Widerspruch bei Bayerns Hausärzten ausgelöst: Dr. Andreas Gassen: Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Foto: KBV/Fotoagentur axentis. de Georg J. Lopata

Dr. Markus Beier: „Diese unhaltbare Äußerung zum Lockdown steht in einer langen Reihe von CoViD-19 Irrungen und Wirrungen des Herrn Gassen, die wir Hausärztinnen und Hausärzte als Zwangsmitglieder im KV-System nicht durch Schweigen legitimieren wollen. Der Bayerische Hausärzteverband widerspricht deshalb klar und entschieden dieser Auffassung und der ihr zugrundeliegenden Argumentationslinie.“

Mit einem fälschlicherweise als „Gemeinsame Position von Wissenschaft und Ärzteschaft“ deklariertem Thesenpapier hatte der KBV-Chef bereits im Oktober den Unmut der bayerischen Hausärzteschaft auf sich gezogen. „Mit weitgehend unwissenschaftlichen Allgemeinplätzen und einer zynischen Argumentationskette hat Gassen seine Position als Vorstandsvorsitzender des Kassenärztlichen Bundesvereinigung missbraucht und so mitverhindert, dass bereits Ende November härtere Lockdown-Maßnahmen eingeleitet wurden, um insbesondere auch die Bewohner der Alten- und Pflegeheime sowie andere vulnerablen Gruppen zu schützen“, kritisiert der Bayerische Hausärzteverband.

Dr. Markus Beier: „Wir Hausärztinnen und Hausärzte erleben täglich bei unseren Patientinnen und Patienten die schrecklichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Wir fordern daher den KBV-Vorstandsvorsitzenden auf, sich ernsthaft mit Konzepten auseinanderzusetzen, die zu einer spürbaren Entlastung der Hausarztpraxen führen. Dazu ist es unumgänglich, die Anzahl der täglichen Neu-Infektionen deutlich zu reduzieren und die vulnerablen Gruppen zu schützen. Und dazu ist, was wissenschaftlich eindeutig bewiesen ist, die drastische Reduktion der Kontakte unabdingbar. Wie das ohne einen weitgehenden Lockdown gehen soll, hat Herr Gassen bislang nicht erklärt.“

In einem Interview zog Dr. Markus Beier, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, im Herbst eine Zwischenbilanz im Kampf gegen die Corona-Pandemie.

Der Bayerische Hausärzteverband stellt deshalb klar: „Die öffentlichen Statements des Herrn Gassen zu Strategien der Corona-Pandemiebekämpfung sind nicht mit uns abgestimmt. Herr Gassen spricht nicht für die Hausärztinnen und Hausärzte in Bayern.“ 

Gleichzeitig spricht sich der Bayerische Hausärzteverband dafür aus, die Corona-Impfungen unter bestimmten Bedingungen auch in den Hausarztpraxen anzubieten.

Dr. Markus Beier: „Wir Hausärztinnen und Hausärzte besitzen das entsprechende Knowhow und die notwendige langjährige Erfahrung beim Impfen und kennen unsere Patientinnen und Patienten bestens. Voraussetzung für ein Impfangebot in den Praxen ist selbstredend, dass genügend praktikabler Impfstoff zur Verfügung steht. Wir sind zuversichtlich, dass dies mit weiteren Impfstoff-Zulassungen alsbald der Fall sein wird. Dabei muss die Beratung zur Impfung unabhängig von einer tatsächlich erfolgten Impfung vergütet werden und die Impfstoffe regressfrei zentral bestellt werden können. Bürokratie, Dokumentation und ggf. erforderliche Unterschriften sind auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Abschließend muss sichergestellt sein, dass wir Hausärztinnen und Hausärzten – aufbauend auf der von der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) festgelegten Priorisierung – selbständig die Reihenfolge der Impfungen in den Praxen organisieren können.“