Corona-Lockerungen: Was sich ab Dienstag in Österreich ändert
Wien (13. April 2020) – Österreichs Wirtschaft fährt in der Coronavirus-Pandemie langsam wieder hoch. Ab morgen, Dienstag, 14. April 2020, werden weitere Geschäfte geöffnet. Allerdings gilt eine Masken- sowie Abstandspflicht und bei großem Kunden-Andrang kann es zu Blockabfertigungen kommen. Weiterhin geschlossen bleiben Einkaufszentren, Gastronomie und Hotellerie. Die Wirtschaftskammer hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst.
1. Welche Betriebe sind betroffen?
Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels, von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Erwerbs von Waren, der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben ist grundsätzlich untersagt.
Dieses Betretungsverbot gilt jedoch nicht für folgende Betriebe:
- öffentliche Apotheken
- Lebensmittelhandel (einschließlich Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten) und bäuerliche Direktvermarkter
- Drogerien und Drogeriemärkte
- Verkauf von Medizinprodukten und Sanitärartikel, Heilbehelfen und Hilfsmitteln
- Gesundheits- und Pflegedienstleistungen
- Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen die von den Ländern im Rahmen der Behindertenhilfe-, Sozialhilfe-, Teilhabe- bzw. Chancengleichheitgesetz erbracht werden
- veterinärmedizinische Dienstleistungen
- Verkauf von Tierfutter
- Verkauf und Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten
- Notfall-Dienstleistungen
- Agrarhandel einschließlich Schlachttierversteigerungen sowie der Gartenbaubetrieb und der Landesproduktenhandel mit Saatgut, Futter und Düngemittel
- Tankstellen und angeschlossenen Waschstraßen
- Banken
- Post einschließlich Postpartner, sowie Postgeschäftsstellen welche von einer Gemeinde betrieben werden, soweit diese unter die Ausnahme des § 2 fallen, und Telekommunikation
- Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Rechtspflege
- Lieferdienste
- Öffentlicher Verkehr
- Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske
- Hygiene und Reinigungsdienstleistungen
- Abfallentsorgungsbetriebe
- KFZ- und Fahrradwerkstätten
- Baustoff-, Eisen-, und Holzhandel,
- Bau- und Gartenmärkte
- Pfandleihanstalten
- Handel mit Edelmetallen
Für die aufgezählten Handelsbetriebe und Pfandleihanstalten gilt, dass diese lediglich von 7.40 Uhr bis längstens 19.00 Uhr für den Kundenverkehr geöffnet haben dürfen. Von dieser zeitlichen Beschränkung sind Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten (z.B. Bäcker) jedoch nicht betroffen. Restriktivere Öffnungszeitenregeln aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Unter „Gartenmärkten“ sind Gartenzentren, Gärtnereien und Floristen zu verstehen.
Als „Baustoff-, Eisen- und Holzhandel“ und „Baumärkte“ sind grundsätzlich solche Geschäfte anzusehen, die Mitglied der Fachgruppe für Baustoff-, Eisen-, Hartwaren- und Holzwarenhandels sind. Es können aber vereinzelt auch andere Geschäfte als Baustoffhandlungen anzusehen sein, zB wenn sie beim Außenhandel eingegliedert sind. Für die Zuordnung sind das Schwergewicht des Warensortiments und das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens wesentlich.
Betriebsstätten aus anderen Branchen sind vom Betretungsverbot nur dann ausgenommen, wenn sie folgende Kriterien erfüllen („Kleinbetriebsausnahme“):
- Die Betriebsstätte muss dem Verkauf, der Herstellung, der Reparatur oder der Bearbeitung von Waren dienen;
- der Kundebereich im Inneren der Betriebsstätte muss kleiner als 400 m² sein; und
- der Kundenbereich muss bereits am 7.4.2020 kleiner als 400 m² gewesen sein.
Veränderungen der Größe des Kundenbereichs im Inneren, die nach dem 7.4.2020 vorgenommen wurden, haben bei der Ermittlung der Größe des Kundenbereichs außer Betracht zu bleiben. Das bedeutet, dass nachträgliche Absperrungen (zB durch mobile Raumwände, Absperren von Gängen oder Stockwerken) nicht dazu führen, dass größere Kundebereiche betreten werden dürfen.
In die 400 m² ist der Außenbereich nicht einzuberechnen (zB Verkauf von Kfz oder Pflanzen im Außenbereich).
Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen dürfen beispielsweise folgende kleinere Betriebe ihren Kundenbereich öffnen:
- Buchhändler
- Kunsthandwerke
- Steinmetze
Wenn mehrere kleine Betriebe über ein gemeinsames Verbindungsbauwerk betreten werden (insb. Einkaufszentren), so gilt obige Ausnahme für Kleinbetriebe nur dann, wenn der Kundenbereich sämtlicher Betriebe insgesamt kleiner als 400 m² ist.
Das Betreten von Betriebsstätten des Gastgewerbes bleibt bis auf Weiteres unzulässig, selbst wenn der Kundenbereich des Betriebs kleiner als 400 m² sein sollte (Ausnahme: Selbstabholung und Lieferung vorbestellter Speisen).
Beherbergungsbetriebe dürfen nicht zum Zweck der Erholung und Freizeitgestaltung betreten werden. Zulässig bleiben jedoch bestimmte Beherbergungen, wie z.B. solche aus beruflichen Gründen oder zur Deckung eines dringenden Wohnbedürfnisses (Details finden Sie hier ).
Die Zahl der Betriebe, die von der Schließung ausgenommen sind, wurden durch die neue Verordnung erweitert. Hier finden Sie eine Liste aller Fälle, bei denen Fragen aufgetreten sind: Neue Kriterienliste als pdf. Es handelt sich dabei um eine aktuelle Interpretation der Wirtschaftskammer der neuen Verordnung.
Hinweis für Mischbetriebe:
Manche Unternehmen bieten in ihrem Normalbetrieb ein breites Sortiment von Waren und Dienstleistungen an. Ein solches kann Leistungen sowohl aus – gemäß des Covid-19-Gesetzes – zulässigen, als auch unzulässigen Tätigkeitsbereichen umfassen.
In der aktuellen Situation ergeht an Mischbetriebe seitens der WKÖ der nachdrückliche Appell, die Verordnung in ihrem Mischbetrieb im Interesse eines fairen Wettbewerbs sinngemäß anzuwenden. In Einklang mit dem Verordnungswortlaut sind demnach ausschließlich solche Waren und Dienstleistungen anzubieten, die in den von der Verordnung ausgenommenen „Bereich“ (vgl. § 2) fallen.
So kann der Handel mit Lebensmitteln fortgeführt werden, während andere Teilbereiche eines Verkaufsbetriebs (z.B. Verkauf von Fernsehgeräten) einzustellen sind. Der Handel mit letztgenannten Sortimenten sollte durch geeignete Maßnahmen (z.B. räumliche Abgrenzungsmaßnahmen, Kennzeichnungen) hintangehalten werden.
2. Müssen in Betrieben, die für den Kundenverkehr geöffnet sind, derzeit besondere Gesundheitsschutzmaßnahmen beachtet werden?
Ja, folgende Schutzmaßnahmen sind zu beachten:
- Mitarbeiter mit Kundenkontakt sowie Kunden müssen eine mechanische Schutzvorrichtung tragen, die den Mund- und Nasenbereich gut abdeckt und vor Tröpfcheninfektion schützt (Ausnahme: Kinder unter 6 Jahren); und
- sämtliche Personen müssen zueinander einen Abstand von mindestens einem Meter einhalten.
In jenen Betrieben, deren Kundenfläche weniger als 400 m2 beträgt und die nur deshalb seit 10.4.2020 wieder aufsperren dürfen, gilt folgende zusätzliche Auflage:
- Durch geeignete Maßnahmen muss sichergestellt sein, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 20 m² der Gesamtverkaufsfläche zur Verfügung stehen (Ausnahme: Wenn der Kundenbereich insgesamt kleiner als 20 m2 ist, dürfen Kunden diesen nacheinander einzeln betreten).
Für etliche Bereiche bestehen Sonderregelungen, so etwa für den Lebensmittelhandel und bei der Erbringung persönlicher Unterstützungsdienstleistungen (insb. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen).
3. Wie lange gelten diese Einschränkungen?
Nach gegenwärtigem Stand gelten die Einschränkungen bis 30.4.2020.
Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte dazu: „Ab 1. Mai ist es unser Ziel, dass alle Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure unter besonderen Schutzvorkehrungen wieder öffnen. Alle anderen Dienstleistungen, Gastronomiebetriebe und Hotels werden frühestens mit Mitte Mai stufenweise und unter besonderen Sicherheitsvorschriften öffnen können. Die Entscheidung dazu, ob das möglich sein wird, wird Ende April getroffen.“
Matura findet statt – Schulbetrieb bis Mitte Mai als Home-Schooling
Im Bildungsbereich wurde vereinbart, dass „die Matura und die Lehrabschlussprüfungen dieses Semester unter besonderen Auflagen stattfinden.“ Details zu den Plänen werde Bildungsminister Heinz Faßmann in den kommenden Tagen genau erläutern. „Der Schulbetrieb wird jedenfalls bis Mitte Mai als Home-Schooling fortgesetzt werden müssen.“ Eine Entscheidung über die Vorgehensweise nach Mitte Mai werden ebenfalls Ende April getroffen. Die Betreuung in den Schulen sei weiterhin sichergestellt und könne von allen genutzt werden, so Sebastian Kurz. Der Lehrbetrieb an den Universitäten werde in diesem Semester ausschließlich digital stattfinden. Prüfungen und Forschungstätigkeiten sollen aber durchgeführt werden.
Keine Veranstaltungen bis mindestens Ende Juni
Der Stufenplan sieht zudem vor, dass Veranstaltungen in Österreich jedenfalls bis Ende Juni nicht stattfinden werden. Über eine Regelung für den Sommer soll Ende April entschieden werden. „Mir ist bewusst, dass es viele Detailfragen zu den unterschiedlichen Gebieten geben wird. Daher werden zu den Bereichen Bildung, Sport, Kultur und Veranstaltungen sowie zur Thematik der Reisefreiheit in den nächsten Tagen Pressekonferenzen mit den zuständigen Ministern stattfinden“, sagte Bundeskanzler Kurz.
Ausgangsbeschränkungen werden bis Ende April verlängert
Außerdem stellte der Bundeskanzler fest, dass „die Ausgangsbeschränkungen bis Ende April verlängert werden“. Es gebe weiterhin nur folgende Gründe, das Haus zu verlassen:
- um zu arbeiten,
- um einkaufen zu gehen,
- um andere Menschen zu unterstützen
- und um frische Luft zu schnappen oder Sport zu betreiben.
„Meine große Bitte an Sie ist, dass Sie, auch wenn es schwerfällt, weiter diszipliniert alle Maßnahmen einhalten. Wenn wir das nicht tun, dann wird es unmöglich sein, diesen ambitionierten Plan durchzusetzen. Der Plan wird nur funktionieren, wenn wir zusammenstehen und alle einen Beitrag leisten“, appellierte der Kanzler.
Um schrittweise zurück in eine neue Normalität zu finden, werde es für den Stufenplan Begleitmaßnahmen brauchen: „Dazu zählen der Schutz gefährdeter Gruppen, eine Containment-Strategie sowie das Abstand halten und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Die Bedeckung von Mund und Nase wird verpflichtend ausgeweitet. Ab Dienstag, 14. April gilt dies nicht nur in Supermärkten und Geschäften, sondern auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln.“ Was das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes am Arbeitsort betreffe, sei eine gemeinsame Entscheidung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu treffen, da es in den Betrieben unterschiedliche Situationen gebe, so Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober erklärte, man wolle verstärkt Risikogruppen schützen: „Wo Erkrankungsfälle auftauchen, werden wir noch deutlicher bemüht sein, diese auch zu isolieren und Ausbreitungen zu verhindern. Wir werden selbstverständlich auch Sicherungsmaßnahmen für Risikogruppen verstärken, das gilt vor allem für Seniorenheime und Personen mit Vorerkrankungen. Es darf nicht passieren, dass wir den Etappenerfolg gefährden und die Krankheitsfälle wieder spürbar nach oben gehen.“
Innenminister Karl Nehammer kündigte außerdem an, dass ab 14. April die Bundesgärten unter „strengen Auflagen“, mit Eingangskontrollen, wieder geöffnet würden.