Wird das schöne Ultental zum Kraftwerk verschandelt?
Bozen (Südtirol, 8. Januar 2024) – „In zwanzig Jahren stieg die Stromerzeugung in Südtirol um 31,3 Prozent auf 8.177 Gigawattstunden im Jahr 2020, der Verbrauch um 26,3 Prozent auf 2.922 Gigawattstunden. Eckpfeiler ist die Wasserkraft, die 89,9 Prozent (7.349 GWh) der gesamten Stromerzeugung 2020 ausmachte“, meldete das Südtiroler Landesinstitut für Statistik im April 2022.
Heißt: Südtirol produziert zweieinhalb mehr Strom als die Region selbst verbraucht. Billiger (Öko-)Strom also für die Bürger und Unternehmen? Fehlanzeige. Die italienische Strompreisbindung zwingt Südtirol dazu, den eigenen Strom günstig ins nationale Netz einzuspeisen und teuer wieder einzukaufen.
Einer der großen Player im Südtiroler Stromgeschäft ist die Alperia AG, die über sich selbst sagt: „Wir betreiben 35 Wasserkraftwerke in Südtirol, die jedes Jahr zirka 4.000 Gigawattstunden hundertprozentigen Ökostrom mit der Kraft des Wassers unserer Berge produzieren.“
Vor Ort wird diese gigantische Stromproduktion mittlerweile kritisch gesehen – insbesondere im Ultental. „Das 40 Kilometer lange Ultental ist bereits heute von einem komplexen Netzwerk aus Stollen, Druckleitungen und Wasserbauten durchzogen. Zwischen 1949 und 1969, einem Zeitraum von nur zwei Jahrzehnten, hat sich das Ultental in ein ,Energietal‘ verwandelt: Sechs Stauseen wurden angelegt, für die sogar Bauernhöfe weichen mussten. Dutzende Familien verließen daraufhin ihre angestammte Heimat“, beschreiben die beiden Südtiroler Landtagsabgeordneten Jürgen Wirth Anderlan und Andreas Colli von der Liste JWA die Lage.
Jetzt droht das nächste Mega-Projekt. Alperia will im Ultental ein Pumpspeicherwerk errichten. „Das Pumpspeicherwerk in Ulten soll zwischen dem Zoggler-Stausee und dem Arzkarsee errichtet werden. Ein Großprojekt, das unter anderem Pumpanlagen, eine Verbindung zwischen den Stauseen, Hochspannungsleitungen und Umspannwerke umfasst. Die Realisierung dieses Projekts würde eine viele Jahre andauernde Bautätigkeit bedeuten und eine enorme Belastung für die Ultner Bevölkerung darstellen. Naturschützer warnen vor den desaströsen Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Auch mit nachteiligen Folgen für den Tourismus wäre zu rechnen“, kritisieren die beiden Abgeordneten und wollen das Projekt zum Anlass nehmen, um generell Volksbefragungen in der Politik zu verankern.
„Ob Ulten oder Terlan, Alperia oder Alpitronic – Südtirol braucht mehr Mitbestimmung!“, betont Anderlan. „Südtirol ist das Land der Südtiroler, deshalb sollte auch das Volk entscheiden. Es kann nicht sein, dass die Einheimischen nicht gefragt werden, wenn ihre Gemeinde weiter zugebaut wird.“ Und er betont: „Es ist falsch, wenn Konzerne immer größere Gewinne machen, während die Menschen nur noch mehr Lärm und zu hohe Stromrechnungen erhalten.“