Warnung vor Ibuprofen: Uni Wien spricht von Fake News

Wien – Eine Sprachnachricht, die sich derzeit per WhatsApp mit rasender Geschwindigkeit verbreitet wird und auch ALPENmag vorliegt, sorgt derzeit für Aufregung: Das Schmerzmittel Ibuprofen soll schwere bis tödliche Covid-19-Verläufe verursachen. Dass in Italien breit verbreitete Ibuprofen sei der Grund, warum es in diesem Land im Vergleich zu China überdurchschnittlich viele Corona-Tote gäbe. Als inoffizielle Quelle wird die Uniklinik Wien genannt. Diese distanziert sich von den Behauptungen und spricht klar von Fake News.

In der Sprachnachricht behauptet eine Frauenstimme, eine junge Mutter zu sein, die eine Freundin an der Uniklinik Wien habe. Dort sei festgestellt worden, dass die ins Krankenhaus eingelieferten Corona-Patienten alle vorher daheim das Schmerzmittel Ibuprofen eingenommen hätten. Diese Behauptung ist sogar nachvollziebar, da Fieber und Gliederschmerzen zu den typischen Symptomen einer Corona-Erkrankung gehören.

Die Frau erzählt dann, an der Uniklinik Wien habe man „im Labor den Virus und Ibuprofen zusammengebracht“ und „sehr stichhaltige Beweise gefunden, dass Ibuprofen die Vermehrung des Virus beschleunigt“. Die Frau: „Deswegen rät die Uniklinik Wien inoffiziell, also über ihre Ärzte, dass sie das jetzt mündlich verbreiten, das Ibuprofen zu meiden.« Schriftlich werde da nichts gemacht aus Angst vor einer Schadensersatzklage der Pharmaindustrie, behauptet die Unbekannte und bitte, ihre angebliche Warnung zu teilen.

Die Uniklinik Wien reagierte am Samstagmittag mit einem deutlichen und offiziellen Dementi:

„Achtung! Derzeit werden WhatsApp-Text- und Sprachnachrichten in unterschiedlichen Social-Media-Netzwerken verbreitet, die von angeblichen Forschungsergebnissen der „Wiener Uniklinik“ rund um die Einnahme von Ibuprofen und einer angeblich damit zusammenhängenden Verstärkung von Covid19-Symptomen berichten. Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich hierbei um Fake News handelt, die in keinerlei Zusammenhang mit der MedUni Wien stehen!“

Medizinische Universität Wien

Trotz des Dementis ist nicht auszuschließen, dass diese Falschnachricht trotzdem Wirkung zeigt, da Ibuprofen wegen seiner Nebenwirkungen auch von Ärzten mittlerweile kritisch gesehen wird. So kann Ibuprofen Ödeme verursachen und bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen schubauslösend wirken. Außerdem ist es bei schweren Nieren- oder Leberfunktionsstörungen kontraindiziert. Und in Verbindung mit Alkohol können unvorhersehbare Nebenwirkungen und Wechselwirkungen auftreten. Die Ärzte warnen deshalb grundsätzlich davor, sich nicht mit irgendwelchen Medikamenten selbst zu behandeln. Man solle stattdessen einen Arzt konsultieren.

Update: WHO warnt vor Einnahme von Ibuprofen ohne ärztlichen Rat

Am Dienstag hat dann die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sich zu Ibuprofen geäußert und davor gewarnt, bei Verdacht auf eine Corona-Infektion ohne ärztlichen Rat das Medikament Ibuprofen einzunehmen.

Zwar gebe es keine neuen Studien, aus denen hervorgehe, dass Ibuprofen mit höherer Sterblichkeit verbunden sei, so WHO-Sprecher Christian Lindmeier am Dienstag in Genf, aber die Experten würden dies zur Zeit prüfen. „Wir raten, im Verdachtsfall Paracetamol und nicht Ibuprofen einzunehmen“, sagte Lindmeier. Dies beziehe sich ausschließlich auf die Einnahme ohne ärztlichen Rat.

Zuvor hatte der französische Gesundheitsminister vor Entzündungshemmern wie Ibuprofen gewarnt. Auch andere Experten hatten von der Einnahme sogenannter nichtsteroidaler Antirheumatika abgeraten. Neben Ibuprofen zählen zu dieser Wirkstoffgruppe auch Acetylsalicylsäure (ASS; Aspirin) und Diclofenac. Außerdem gibt es einen Beitrag im Fachjournal „Lancet“, in dem eine mögliche unerwünschte Wirkung von Ibuprofen erwähnt wird. Allerdings ist die Fallzahl der Studie äußerst gering. 

Update 2: WHO zieht Warnung zurück

Rolle rückwärts: Am Donnerstag hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihre Warnung vor der Einnahme des Schmerzmittels Ibuprofen bei Verdacht auf eine Infektion mit dem neuen Coronavirus zurückgenommen.

Die WHO-Experten hatten Studien und Ärzte konsultiert und seien zu dem Schluss gekommen, dass es über die bekannten Nebenwirkungen bei bestimmten Bevölkerungsgruppen hinaus keine Hinweise auf negative Ibuprofen-Konsequenzen bei Covid-19-Patienten gebe. Die WHO: „Auf der Basis der heute vorhandenen Informationen rät die WHO nicht von der Einnahme von Ibuprofen ab.“