Coronavirus: Zwei Infizierte in Tirol

Innsbruck (Tirol, 25. Februar 2020) – Coronavirus-Alarm in Tirol: Nachdem heute, Dienstagnachmittag, zwei Coronavirus-Erkrankungen in Tirol bestätigt wurden, wurden inzwischen auch die Identitätsfeststellungen der erkrankten Personen vorgenommen: Es handelt sich um einen Mann und eine Frau im Alter von 24 Jahren, beide sind italienische StaatsbürgerInnen und stammen aus demselben Ort in der Lombardei aus der Gegend von Bergamo. Beide Personen wurden an der Klinik in Innsbruck im Detail untersucht und sind in einem guten Allgemeinzustand. „Beide Personen haben sich bis Freitag vergangener Woche in der Lombardei aufgehalten und sind dann mit ihrem privaten PKW nach Innsbruck gekommen. Im Laufe des Wochenendes ist es bei beiden Personen zu grippeähnlichen Symptomen gekommen. Sie wurden an der Klinik mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen aufgenommen“, so Günter Weiß, Direktor der Universitätsklinik Innsbruck für Innere Medizin, der festhält: „Beide Personen sind mittlerweile wieder fieberfrei und es geht ihnen den Umständen entsprechend gut. Die beiden Betroffenen bleiben jedenfalls bis zum Wochenende in Quarantäne in der Innsbrucker Klinik. Dort werden sie ärztlich versorgt und ihr Zustand weiter beobachtet.“

Bei der heutigen Stabssitzung im Innsbrucker Landhaus wurde die weitere Vorgehensweisen in Kampf gegen das Coronavirus besprochen. Foto: Land Tirol/Berger

Derzeit läuft von behördlicher Seite die weitere Abklärung hinsichtlich der Kontaktpersonen der beiden aus Italien stammenden infizierten Personen. Die Frau arbeitet in Innsbruck in einem Nobelhotel an der Rezeption, der Mann war bei der Frau in Innsbruck zu Besuch. Tirols Landeshauptmann Günther Platter hat in enger Absprache mit Bundeskanzler Sebastian Kurz, Innenminister Karl Nehammer und Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi angeordnet, die Arbeitsstätte der betroffenen Frau in Innsbruck sowie die Wohnstätte – ebenfalls in Innsbruck – vorübergehend zu isolieren, um mögliche Kontaktpersonen zu eruieren und alle notwendigen Abklärungen vorzunehmen.

„Die Sicherheit und die Vorsorge sind nun unser oberstes Gebot. Dazu treffen wir alle nötigen Maßnahmen. Die Behörden sind in enger Abstimmung mit den Gesundheitseinrichtungen sowie der Arbeitsstätte der Frau“, so LH Platter. Und Innenminister Karl Nehammer ergänzt: „Wir müssen gemeinsam alles tun, um eine Ausbreitung einzudämmen. Die Polizei unterstützt die Gesundheitsbehörden daher mit aller Kraft, um die Quarantäne-Maßnahmen rasch und effizient umzusetzen. Es sind derzeit bis zu 15 PolizeibeamtInnen im Einsatz“, so Innenminister Karl Nehammer. Bürgermeister Willi ergänzt: „Wir sind in enger Abstimmung hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise und werden sämtliche notwendigen Vorkehrungen auf Anraten und in Absprache mit den Expertinnen und Experten treffen.“

Das Landeskrankenhaus in Innsbruck Foto: Tirol Kliniken

Maßnahmenbündel der Tiroler Landesregierung

Die Tiroler Landesregierung hat indes heute Vormittag ein Maßnahmenbündel im Kampf gegen das Coronavirus geschnürt. „Die Information für die Bevölkerung ist ganz entscheidend. Deshalb werden wir die Bevölkerung auf unserer Homepage und über die Land Tirol App umfassend informieren“, so der Landeshauptmann. Zudem werde eine eigene Hotline des Landes eingerichtet, wo besorgte Bürgerinnen und Bürger anrufen können. „Es gilt nun, allgemein wachsam zu sein. Die Reisewarnungen des Außenministeriums sind ernst zu nehmen und ich schließe mich diesen Warnungen ausnahmslos an“, bekräftigt LH Platter. Allen Beherbergungsbetrieben werde empfohlen, ebenso wachsam zu sein und im Falle von Krankheitsanzeichen von Gästen unmittelbar mit der Leitstelle Tirol in Verbindung zu treten. Die Bildungsdirektion Tirol gibt überdies die Anordnung aus, dass Klassenfahrten und Schüleraustausche heimischer Schulen in die betroffenen Risikogebiete Norditaliens bis auf Weiteres abgesagt werden. 

Ein Bild von der HOKO-Übung im Juni 2019 in Innsbruck Foto: Tirol Kliniken/Seiwald

Unterdessen gibt es auch einen Verdachtsfall in Linz. Ein 55jähriger Linzer zeigte nach einer Venedig-Reise Symptome, die auf eine Infektion mit dem neuartigen Virus hindeuten könnten. Er wird mittlerweile medizinisch versorgt. Die anderen Mitglieder der Reisegruppe wurden aufgefordert, bis zum Vorliegen des Testergebnisses zuhause zu bleiben und Kontakt mit anderen Personen zu meiden.

Krankenhaus übte vor Monaten den Ernstfall

Erst vor wenigen Monaten, im Juni 2019, haben Ärzte und Pfleger in Innsbruck den Ernstfall geprobt.
Die Übungslage von damals erinnert an die aktuelle Situation.

Die Pressemitteilung im Wortlaut:

Ein Mann betritt am Freitag 0800 die Notaufnahme in der Anichstraße. Die Symptome und ersten Angaben des Patienten lassen alle Alarmglocken läuten. Es besteht der Verdacht, dass der Patient an einer hochinfektiösen Erkrankung leidet. Er wird sofort isoliert und der HOKO-Notfallplan tritt in Kraft.

„HOKO“ steht für hoch-kontagiös. Im Klartext: Eine hochansteckende, potentiell lebensbedrohliche Erkrankung (Ebola, Lassa, Krim-Kongo…). Wenn ein Patient mit passenden Symptomen und Angaben ohne Vorwarnung am Areal der Innsbrucker Klinik eintrifft, dann tritt ein sehr aufwendiger und detaillierter Notfallplan in Kraft. Diese Situation wurde am vergangenen Freitag trainiert.

Erkennen
Das Personal in den relevanten Bereichen der Klinik wird regelmäßig geschult, um Alarmsignale sofort richtig deuten zu können (Symptome, Auslandsaufenthalte etc.). Bei Bedarf können die ExpertInnen der Univ.-Klinik für Innere Medizin II (Infektiologie, Rheumatologie, Pneumologie) jederzeit hinzugezogen werden. Wenn sich der Verdacht erhärtet, dann muss der Patient unverzüglich abgeschirmt werden.

Isolation
Als erste Sofortmaßnahme bekommt der Patient einen speziellen Mund- und Nasenschutz und wird in einem Raum der Notaufnahme isoliert. Währenddessen wird bereits die Sonderisolierstation hochgefahren. Dabei handelt es sich um einen Raum mit Schleuse, in dem je nach Erkrankung ein Unter- oder Überdruck erzeugt werden kann. Im Falle eines HOKO-Patienten wird Unterdruck erzeugt, damit keine Erreger ins Freie gelangen können. Ein speziell geschultes Team bringt den Patienten dann mit Unterstützung des Sicherheitsdienstes in einem abgeschirmten Transportbehältnis auf die Sonderisolierstation.

Diagnose – Behandlung
Auf dieser Station arbeitet ein hochspezialisiertes und geschultes Team, das sich von da an um den Patienten kümmert. „Die Behandlung eines HOKO-Patienten ist extrem aufwendig“, erklärt Rosa Bellmann-Weiler, ärztliche Leiterin der Sonder-Isolierstation. „Wir arbeiten in Ganzkörper-Schutzanzügen mit Gebläseeinheiten zur Frischluftversorgung. Allein das Einschleusen in den isolierten Bereich kann bis zu einer halben Stunde dauern. Danach muss man dekontaminiert werden und kann erst dann nach genau festgelegtem Ablauf die Schutzausrüstung ablegen.“

Ein Bild von der HOKO-Übung im Juni 2019 im Landeskrankenhaus in Innsbruck Foto: Tirol Kliniken/Seiwald

Das alles wurde am Freitag intensiv geübt, so wie auch die Untersuchung eines Patienten unter diesen erschwerten Bedingungen. Die maximale Versorgung des Patienten bis hin zur Vorhaltung von intensivmedizinischen Maßnahmen musste ebenso trainiert werden, wie die regelmäßige Blutabnahme oder der Aufbau eines eigenen analytischen Labors. Der Versand der Proben oder die Entsorgung des Abfalls, der natürlich potentiell hochansteckend ist, sind ebenfalls Tätigkeiten, die geübt werden müssen.

„Die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Fall bei uns in Innsbruck eintritt, ist natürlich gering, aber sie ist da,“ erklärt Günter Weiss, Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin II, „vor allem da es auf der ganzen Welt immer wieder zu Ausbrüchen derartiger Infektionskrankheiten kommt. Der wahrscheinlichste Fall ist, dass Mitarbeiter von Hilfsorganisationen nach ihrer Rückkehr in die Heimat Symptome entwickeln und behandelt werden müssen. Auf diesen Fall bereiten wir uns vor.“