Olympische Spiele: MdB Karl Lauterbach fordert Absage

Update, 20. März 2020:

Lausanne (Waadt, 20. März 2020) Als erster Politiker in Deutschland hat sich Prof. Dr. Karl Lauterbach öffentlich für eine Absage der Olympischen Spiele ausgesprochen: „Das IOC muss die Olympischen Spiele sofort absagen. Es entsteht sonst der fatale Eindruck, als ob es realistisch wäre, Covid19 in wenigen Wochen zu beherrschen. Reagiert das IOC nicht, müssen Regierungen die Nichtteilnahme ihrer Athleten definitiv erklären.“, schrieb der SPD-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitspolitiker auf Twitter.

Tage zuvor hatte das Internationale Olympische Komitee, kurz IOC, noch einmal erklärt, man halte an der Planung für die Olympischen Spiele fest: „Das IOC bleibt den Olympischen Spielen Tokio 2020 uneingeschränkt verpflichtet, und da bis zu den Spielen noch mehr als vier Monate verbleiben, sind zum jetzigen Zeitpunkt keine drastischen Entscheidungen erforderlich; jegliche Spekulation zum jetzigen Zeitpunkt wäre kontraproduktiv“, hieß es in einer Mitteilung.

Und IOC-Präsident Thomas Bach sagte: „Die Gesundheit und das Wohlbefinden aller an den Vorbereitungen für die Olympischen Spiele Tokio 2020 Beteiligten ist unser wichtigstes Anliegen. Es werden alle Massnahmen ergriffen, um die Sicherheit und die Interessen der Athleten, Trainer und Betreuungsteams zu wahren. Wir sind eine olympische Gemeinschaft; wir unterstützen uns gegenseitig in guten und in schwierigen Zeiten. Diese olympische Solidarität definiert uns als eine Gemeinschaft“.

Die Olympischen Spiele sollen vom 24. Juli bis 9. August 2020 stattfinden. Andere Großereignisse, wie die Fußball-Europameisterschaft 2020, sind bereits abgesagt und worden (ALPENmag berichtete).

Lausanne (Waadt, 27. Februar 2020) – Das Coronarvirus erfasst immer mehr auch die Sportwelt: Inter Mailand spielt heute Abend in der Europa League gegen Rasgrad vor leeren Rängen, der legendäre Engadiner Skimarathon, die größte Breitensportveranstaltung der Schweiz, wurde gerade abgesagt, ebenso die Shorttrack-Weltmeisterschaften in Seoul und die Billard-Weltmeisterschaft im Dreiband für Nationalmannschaften in Viersen. Und am Marathon in Tokio durften nur die Spitzenathleten teilnehmen. Fast 40.000 Freizeitläufer wurden wieder ausgeladen. Mittlerweile gilt auch eine Absage der Olympischen Spiele im Sommer in Japan nicht mehr als unmöglich. Im Hauptquartier des Internationalen Olympischen Komitees in Lausanne im Schweizer Kanton Waadt verfolgt man die Corona-Epidemie deshalb mit großer Sorge. Mit aktuell 164 Infizierten ist Olympia-Gastgeber Japan einer der weltweiten Corona-Krisenherde.

Ins Rollen gebracht hatte die Diskussion um eine Absage oder Verlegung der Olympischen Spiele ausgerechnet das dienstälteste Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, der Kanadier Dick Pound. Der ehemalige Vizepräsident des IOC sagte in einem Interview: „Das ist der neue Krieg und man muss sich ihm stellen. In dieser Zeit werden sich die Leute fragen müssen: ‚Ist der Virus ausreichend unter Kontrolle, dass wir sicher nach Tokio fahren können, oder nicht.'“ Pound spielte damit auf das Olympiajahr 1940 an, als die Spiele kriegsbedingt ausfallen mussten.

Laut Pound gebe es jetzt ein Zeitfenster von rund drei Monaten, in dem endgültig über die Austragung der Spiele entschieden werden soll. „Sie können die Entscheidung sicherlich bis zu zwei Monate aussetzen, wenn sie müssen. Dies würde bedeuten, dass die Entscheidung bis Ende Mai verschoben wird und man hofft, dass bis dahin der Virus unter Kontrolle ist.“

„Seitens des IOC soll es Überlegungen geben, bei einer anhaltenden Gefahr durch den Corona Virus im asiatischen Raum, Olympia 2020 von Tokio nach London umziehen zu lassen. Die olympischen Regatten würden dann erneut in Weymouth abgehalten“, schreibt das Magazin Segelreporter und beruft sich auf einen japanischen Virologen als Informanten. „Er sagte, bei der aktuellen Ausbreitung des Coronavirus sei es nicht verantwortbar, ein sportliches Großereignis wie die Olympischen Spiele in Tokio bzw. Enoshima stattfinden zu lassen.“

Shaun Bailey, konservativer Bewerber um das Amt des Londoner Bürgermeisters, brachte postwendend die britische Hauptstadt ins Spiel und postete auf Twitter: “Wir haben die Infrastruktur und die Erfahrung.”

Auch Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, wollte gegenüber ALPENmag keine hundertprozentige Olympia-Garantie für Tokio abgeben.

Sein Statement: „Wir bereiten uns wie immer professionell auf die Olympischen Spiele vor. Dabei beobachten wir selbstverständlich die Entwicklung in Sachen Coronavirus verantwortungsvoll und intensiv, zudem beraten uns dabei ausgewiesene Experten. Unser Leitender Olympiaarzt Prof. Dr. Bernd Wolfarth steht in engem Austausch mit dem Robert-Koch-Institut, informiert unsere Mitgliedsorganisationen regelmäßig über die aktuelle Situation und gibt entsprechende Empfehlungen, die derzeit vor allem geplante Wettkampfreisen und Trainingslager betreffen. Darüber hinaus steht der DOSB auch in engem Kontakt mit dem Auswärtigen Amt in Berlin, der Deutschen Botschaft in Tokio sowie vor allem mit dem IOC, auf dessen professionelle Vorgehensweise wir in vollem Umfang vertrauen. Bei jeder zu treffenden Entscheidung steht das persönliche Wohl der Athletinnen und Athleten sowie aller Teammitglieder von TEAM D an allererster Stelle.“

Knapp fünf Monate vor der Eröffnungsfeier am 24. Juli 2020 werden im IOC-Hauptquartier in Lausanne und im Gastgeberland Japan bereits Überlegungen angestellt, wie man das Coronavirus-Risiko weiter reduzieren kann. So denkt OK-Chef Toshiro Muto laut darüber nach, den traditionellen Fackellauf als elementaren Bestandteil der Olympischen Spiele zu verkürzen. „Wir denken keinesfalls daran, ihn abzusagen. Aber wir werden uns überlegen, wie wir es durchführen können, ohne das Virus weiter zu verbreiten. Dazu gehört auch eine Reduzierung des Umfangs.“

In jedem Fall geht es um viel Geld. Das IOC in Lausanne hat deshalb einen Notfallfond von rund 830 Millionen Euro zur Verfügung.