Chaos vorprogrammiert: Deutschland sperrt Grenze zu Österreich – was jetzt gilt
München (Oberbayern/13.02.2021) – Das Chaos ist vorprogrammiert: Am Freitagabend hat die deutsche Bundesregierung bekanntgegeben, ab Sonntag, 0 Uhr, auch die Grenze zu Österreich zu schließen, um die Verbreitung von Mutationen des Corona-Virus einzudämmen bzw. eine Einschleppung nach Deutschland möglichst zu verhindern. Welche Regeln dann genau gelten, ist selbst ein paar Stunden vor Inkrafttreten unklar, wie ein Sprecher des deutschen Innenministeriums am Samstag gegenüber ALPENmag einräumen musste. Erste Konsequenz: Die Deutsche Bahn stellt den Zugverkehr nach Österreich ein. Dazu gehört auch die Fernverbindung von München nach Verona.
Update: Am Samstagnachmittag hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege eine „Verordnung zur Änderung der Einreise-Quarantäneverordnung“ erlassen, die am Sonntag gilt und die Bundesregelung teilweise konterkariert (siehe unten).
Peinlicher Fehler: Gemeinde am Achensee bekommt Sonderstatus
Besonders peinlich für das deutsche Bundesinnenministerium: In der Pressemitteilung wird Eben am Achensee ausdrücklich von den Beschränkungen ausgenommen. Nur: Eben am Achensee liegt mitten in Tirol im vermeintlichen Mutations-Hotspot-Bezirk Schwaz…
Die Fakten: Wer darf nach Deutschland einreisen?
Ab Sonntag, 14.02.2021, dürfen laut deutschem Bundesinnenministerium nur noch folgende Personengruppen von Österreich nach Deutschland einreisen:
- Deutsche Staatsangehörige sowie Mitglieder der Kernfamilie von deutschen Staatsangehörigen aus Drittstaaten, falls diese mit dem deutschen Staatsangehörigen gemeinsam einreisen. Zur „Kernfamilie“ gehören Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und Eltern minderjähriger Kinder.
- Personen mit Wohnsitz und Aufenthaltsrecht in Deutschland;
- Personal im Gütertransport und sonstiges erforderliches Transportpersonal (u.a. Post-, Fracht- oder Leertransporte sowie Rückführung von Luftfahrzeugen, Schiffen und Crews);
- Gesundheitspersonal (Ärzte und Kranken- sowie Altenpfleger) sowie notwendiges Begleitpersonal für Ambulanzflüge und Flüge zum Transport von Transplantationsorganen;
- Personen, die aus dringenden humanitären Gründen nach Deutschland reisen; Ein dringender humanitärer Grund liegt insbesondere in folgenden Fällen vor:
– Verwandte 1. Grades (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, eigene Kinder oder Eltern) anlässlich eines Todesfalls,
– der Vater bei Geburt des eigenen Kindes,
– zwei nahe Verwandte bei Ausfall sämtlicher Sorgeberechtigten eines minderjährigen Kindes,
– medizinische Behandlung, wenn anderenfalls mit erheblichen gesundheitlichen Schäden gerechnet werden müsste (mit ärztlichem Attest) sowie einer Begleitperson,
– Einzelfallaufnahmen aus humanitären Gründen bei Gefahr für Leib oder Leben.
6. Personen, die im Auftrag der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Vereinten Nationen (VN) oder der Organisationen der Vereinten Nationen reisen.
Alle diese Personengruppen müssen laut Erklärung des Bundesinnenministeriums drei Voraussetzungen erfüllen, um einreisen zu können.
Für Einreisen in den genannten Ausnahmefällen gelten die Einreise- und Quarantänebestimmungen der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 13. Januar 2021. Erforderlich sind:
- eine korrekt ausgefüllte Digitale Einreiseanmeldung oder Ersatzmitteilung bei Einreise,
- ein negativer Corona-Test,
- eine 10tägige häusliche Quarantäne mit der Möglichkeit einer Freitestung fünf Tage nach Einreise.
„Personen, die oben genannte Voraussetzungen nicht erfüllen, werden zurückgewiesen“, so das Bundesinnenministerium.
Daraus ergeben sich folgende Problemfelder:
10 Tage Quarantäne für alle Berufspendler?
Auch Personen, die beruflich nach Deutschland einreisen, müssten in Quarantäne gehen, also beispielsweise auch alle Lkw-Fahrer. Also zehn Tage Zwangsparken am Grenzübergang?
Nachdem ALPENmag das Bundesinnenministerium am Samstag auf diese verheerende Auswirkung aufmerksam gemacht hat, räumt ein Ministeriumssprecher ein, dass diese Pressemeldung auf der Webseite des Bundesinnenministeriums im Detail nicht korrekt sei. Die Zuständigkeit für die Quarantäne obliege den Ländern, also für Reisende nach Bayern dem Freistaat Bayern. Die Bayerische Staatsregierung hat ihre Bayerische Quarantäneverordnung vom November 2020 in dieser Woche abgeändert und bis zum 7. März 2021 verlängert. Demnach ist es entscheidend, ob man aus dem sogenannten Virusvariantengebiet Tirol oder aus einem anderen österreichischen Bundesland nach Deutschland einreist. In beiden Fällen sind Lkw-Fahrer und medizinisches Personal von der Quarantäne ausgenommen. Anders ist die Situation bei Grenzpendlern. Hier gilt für alle, die aus Tirol kommen, eine umfassende Quarantänepflicht. Sprich: Es ist ab Sonntag nicht mehr möglich, von Tirol nach Bayern zu pendeln, selbst wenn man deutscher Staatsbürger ist.
Diese strikte Regelung wurde dann am Samstag nachmittag vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erneut geändert. Jetzt gilt, dass ab Mittwoch, 17. Februar 2021, Berufspendler eine entsprechende Bescheinung benötigen, dass ihre „Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist“.
Im Wortlaut heißt es: „Abs. 2 Nr. 4 gilt für Personen nach Satz 1 nur, wenn deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber bescheinigt wird; die Bescheinigung ist ab dem 17. Februar 2021 bei jeder Einreise mitzuführen und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde, der von ihr beauftragten Stelle oder der mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde vorzulegen.“
Problemfeld Deutsches Eck
Die Einreise für Nicht-Deutsche nach Deutschland ist, bis auf wenige Ausnahmen, ab Sonntag, 0 Uhr, nicht mehr möglich. Ob Österreicher weiterhin die Transitstrecke Großes Deutsches Eck zwischen Kufstein und Salzburg (A8/A93) und Kleines Deutsches Eck zwischen Salzburg und dem Steinpass nutzen dürfen, ist bislang unklar. Der Sprecher des deutschen Bundesinnenministeriums zu ALPENmag: „Gegebenenfalls ist dann eine andere Route zu wählen.“ Aus 113 Kilometern Autobahn von Salzburg nach Kufstein würden dann 170 Kilometer werden, die weitgehend über Landstraße samt mehrerer Pässe führen. Fahrzeit laut Google Maps: 2:38 Stunden statt 1:15 Stunden.
Problemfeld Tirol Transit
Unklar ist auch, wie der Transit von Italien über den Brenner und durch Tirol nach Deutschland geregelt ist. Klar ist, wer stattdessen über Mailand und den Gotthardtunnel über die Schweiz nach Deutschland fährt, hat kein Problem. Wer eventuellen Problemen an der deutsch-österreichischen Grenze aus dem Weg gehen will, muss die Strecke über Schaffhausen wählen, da die deutlich kürzere Route über Bregenz wieder über österreichisches Staatsgebiet führt. Aus 278 Kilometer von Bozen nach München werden so 902 Kilometer. Statt 3:15 Stunden beträgt die Fahrtzeit dann 10:58 Stunden
Bayerisches Quarantäneverordnung (Auszug)
Auszug aus der neuen Bayerischen Quarantäneverordnung. Die gekennzeichneten Ausnahmen von der häuslichen Quarantäne gelten nicht für Tirol (außer Osttirol).
§ 2 Ausnahmen von der häuslichen Quarantäne
(1) § 1 Abs. 1 Satz 1 gilt nicht für Personen, die nur zur Durchreise in den Freistaat Bayern einreisen und ihn auf unmittelbarem Weg unverzüglich wieder verlassen.
(2) Von § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfasst sind Personen,
- (aufgehoben)
2. die beruflich bedingt grenzüberschreitend Personen, Waren oder Güter auf der Straße, der Schiene, per Schiff oder per Flugzeug transportieren,
3. die sich weniger als 72 Stunden in Deutschland aufhalten oder sich weniger als 72 Stunden in einem Risikogebiet aufgehalten haben und
a) die einreisen aufgrund des Besuchs von Verwandten ersten oder zweiten Grades, des nicht dem gleichen Hausstand angehörigen Ehegatten oder Lebensgefährten oder eines geteilten Sorgerechts oder eines Umgangsrechts,
(Anmerkung ALPENmag: Diese Ausnahme gilt nicht für Tirol!)
b) deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung des Gesundheitswesens sowie für die Pflege und Betreuung Pflegebedürftiger und von Menschen mit Behinderung dringend erforderlich und unabdingbar ist, und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber bescheinigt wird oder
c) die hochrangige Mitglieder des diplomatischen und konsularischen Dienstes, von Volksvertretungen und Regierungen sind,
(Anmerkung ALPENmag: Diese Ausnahme gilt nicht für Tirol!)
4. a) die im Freistaat Bayern ihren Wohnsitz haben und die sich zwingend notwendig zum Zweck ihrer Berufsausübung, ihres Studiums oder Ausbildung an ihre Berufsausübungs-, Studien- oder Ausbildungsstätte in einem Risikogebiet begeben und regelmäßig, mindestens einmal wöchentlich, an ihren Wohnsitz zurückkehren (Grenzpendler), oder
(Anmerkung ALPENmag: Diese Ausnahme sollte ursprünglich nicht für Tirol gelten, wurde aber am Samstag wieder eingefügt)
b) die in einem Risikogebiet ihren Wohnsitz haben und die sich zwingend notwendig zum Zweck ihrer Berufsausübung, ihres Studiums oder ihrer Ausbildung in den Freistaat Bayern begeben und regelmäßig, mindestens einmal wöchentlich, an ihren Wohnsitz zurückkehren (Grenzgänger), wobei die zwingende Notwendigkeit durch den Arbeitgeber, Auftraggeber oder die Bildungseinrichtung zu bescheinigen ist,
(Anmerkung ALPENmag: Diese Ausnahme sollte ursprünglich nicht für Tirol gelten, wurde aber am Samstag wieder eingefügt)
5. Personen nach § 54a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 des Infektionsschutzgesetzes ( IfSG),
(Anmerkung ALPENmag: Diese Ausnahme gilt nicht für Tirol!)
6. Angehörige ausländischer Streitkräfte im Sinne des NATO-Truppenstatuts, des Truppenstatuts der NATO-Partnerschaft für den Frieden (PfP-Truppenstatut) und des Truppenstatuts der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-Truppenstatut), die zu dienstlichen Zwecken nach Deutschland einreisen oder dorthin zurückkehren,
(Anmerkung ALPENmag: Diese Ausnahme gilt nicht für Tirol!)
7. Personen, die zum Zweck einer mindestens dreiwöchigen Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet einreisen, wenn am Ort ihrer Unterbringung und ihrer Tätigkeit in den ersten zehn Tagen nach ihrer Einreise gruppenbezogen betriebliche Hygienemaßnahmen und Vorkehrungen zur Kontaktvermeidung außerhalb der Arbeitsgruppe ergriffen werden, die einer Absonderung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 vergleichbar sind, sowie das Verlassen der Unterbringung nur zur Ausübung ihrer Tätigkeit gestattet ist; der Arbeitgeber zeigt die Arbeitsaufnahme vor ihrem Beginn bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde an und dokumentiert die ergriffenen Maßnahmen nach Teilsatz 1; die zuständige Kreisverwaltungsbehörde hat die Einhaltung der Voraussetzungen nach Teilsatz 1 zu überprüfen.
(Anmerkung ALPENmag: Diese Ausnahme gilt nicht für Tirol!)
(Anmerkung ALPENmag: Der folgende gesamte Absatz 3 gilt nicht für Tirol!)
(3) Soweit nicht bereits von Abs. 2 erfasst, sind von § 1 Abs. 1 Satz 1 außerdem Personen nicht erfasst,
- deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung
a) der Funktionsfähigkeit des Gesundheits-, Pflege- und Betreuungswesens, insbesondere als Ärzte, Pflegekräfte, unterstützendes medizinisches Personal oder 24-Stunden-Betreuungskräfte,
b) der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
c) der Pflege diplomatischer und konsularischer Beziehungen,
d) der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege,
e) der Funktionsfähigkeit von Volksvertretung, Regierung und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Kommunen, oder
f) der Funktionsfähigkeit der Organe der Europäischen Union und von internationalen Organisationen
unabdingbar ist, wobei die zwingende Notwendigkeit durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber zu bescheinigen ist,
2. die einreisen aufgrund
a) des Besuchs von Verwandten ersten oder zweiten Grades, des nicht dem gleichen Hausstand angehörigen Ehegatten oder Lebensgefährten oder eines geteilten Sorgerechts oder eines Umgangsrechts,
b) einer dringenden medizinischen Behandlung oder
c) des Zwecks von Beistand oder Pflege schutz- oder hilfebedürftiger Personen,
3. die als Polizeivollzugsbeamte aus dem Einsatz und aus einsatzgleichen Verpflichtungen aus dem Ausland zurückkehren,
4. die sich für bis zu fünf Tage zwingend notwendig und unaufschiebbar beruflich veranlasst, wegen ihrer Ausbildung oder ihres Studiums in einem Risikogebiet aufgehalten haben oder in die Bundesrepublik Deutschland einreisen, wobei die zwingende Notwendigkeit ist durch den Arbeitgeber, Auftraggeber oder die Bildungseinrichtung zu bescheinigen ist, oder
5. die zur Vorbereitung, Teilnahme, Durchführung und Nachbereitung internationaler Sportveranstaltungen durch das jeweilige Organisationskomitee akkreditiert werden oder von einem Bundessportfachverband zur Teilnahme an Trainings- und Lehrgangsmaßnahmen eingeladen sind.
2 Satz 1 gilt nur, soweit die betroffene Person über ein schriftliches oder elektronisches negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer oder französischer Sprache verfügt und sie dieses der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde auf Verlangen unverzüglich vorlegt. 3Die zu Grunde liegende Testung darf entweder höchstens 48 Stunden vor Einreise vorgenommen worden sein oder muss bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland vorgenommen werden. 4Der zu Grunde liegende Test muss die jeweils geltenden Anforderungen des Robert Koch-Instituts erfüllen1. 5Das Testergebnis nach Satz 2 ist für mindestens zehn Tage nach Einreise aufzubewahren.
(4) In begründeten Fällen kann die zuständige Behörde auf Antrag weitere Ausnahmen bei Vorliegen eines triftigen Grundes erteilen.
(5) Die Abs. 1 bis 4 gelten nur, soweit die dort bezeichneten Personen keine typischen Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 wie Husten, Fieber, Schnupfen oder Geruchs- und Geschmacksverlust aufweisen. 2Die Person nach Abs. 2 Nr. 1 bis 4, 6 und 7, Abs. 3 und 4 hat zur Durchführung eines Tests einen Arzt oder ein Testzentrum aufzusuchen, wenn binnen zehn Tagen nach Einreise typische Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus SARS CoV-2 wie Husten, Fieber, Schnupfen oder Geruchs- und Geschmacksverlust auftreten.
(6) Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a und c, Nr. 5 bis 7 und Abs. 3 gelten nicht für Personen, die sich in den letzten zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem Virusvarianten-Gebiet im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 CoronaEinreiseV aufgehalten haben. Abs. 2 Nr. 4 gilt für Personen nach Satz 1 nur, wenn deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber bescheinigt wird; die Bescheinigung ist ab dem 17. Februar 2021 bei jeder Einreise mitzuführen und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde, der von ihr beauftragten Stelle oder der mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde vorzulegen.
Hinweis von ALPENmag: Diese Einschränkung in Punkt 6 betrifft Tirol. Wir haben deshalb die entsprechenden Ausnahmeregelungen, die für Tirol nicht mehr zutreffen, entsprechend gekennzeichnet.