713 Millionen Euro: Scheichs jagen René Benko
Innsbruck (Tirol, 20. Dezember 2023) – Es ist die größte Pleite in der Geschichte Österreichs. Und der Hauptverantwortliche René Benko, dessen Milliarden-Imperium seit Wochen wie ein Kartenhaus zusammenfällt, galt bislang als unantastbar. Benko hatte für den Tag X vorgesorgt und in seiner Signa-Holding keine offiziellen Vorstands- oder Geschäftsführungsfunktionen inne, die ihn haftbar machen könnten. Zudem besteht die Signa-Holding aus Tausenden von einzelnen GmbHs – Gesellschaften mit beschränkter Haftung –, deren Gläubiger nur einen Bruchteil ihrer Einlagen zurückbekommen dürften.
46 DIN-A3-Seiten hat Sanierungsverwalter Anwalt Christof Stapf dann auch benötigt, um das Konstrukt aus Holding und Unterfirmen aufzuschlüsseln. Jetzt aber droht dem noch immer schwerreichen Tiroler wirklich Ungemach. Mubadala, der mächtige Staatsfonds Abu Dhabis, war einer der Groß-Investoren in Benkos Reich. Vor einem Internationalen Schiedsgericht haben die Scheichs die Rückzahlung von 713 Millionen Euro beantragt – und zwar von René Benko persönlich. Allein die Anwalts- und Gerichtskosten dürften in die Millionen gehen.
„Diese Klage ist im Wesentlichen auf die Zahlung von 713 Millionen Euro gerichtet und auch an Herrn René Benko ad personam adressiert“, hat Sanierungsverwalter Stapf heute offiziell bestätigt und erklärt, dass das Verfahren vor der Internationalen Handelskammer ICC zudem gegen weitere Firmen der Signa-Gruppe und weitere Unternehmen gerichtet sei. Der Vorwurf lautet: „Verletzung von Bedingungen aus Finanzierungsvereinbarungen.“
Gegenüber normalen Zivilverfahren vor nationalen Gerichten werden Streitigkeiten vor der Internationalen Handelskammer ICC zeitnah entschieden, sind aber dennoch bindend. Beobachter gehen davon aus, dass bereits im Frühjahr der Richterspruch fallen könnte. Sollten die Scheichs mit ihrer Klage Erfolg haben, dürfte dies weitere Verfahren nach sich ziehen – und zwar gegen René Benko persönlich.
Welch mächtiger Gegner jetzt Jagd auf Benko macht, veranschaulichen die Kennzahlen. Mubadala verfügt nach eigenen Angaben über ein Vermögen von 276 Milliarden Dollar und ist unter anderem an Airbus, Boeing und Siemens beteiligt.
Laut des österreichischen Magazins News soll Mubadala rund 550 Millionen Euro in das Signa-Imperium investiert und zuletzt bis zu 12 Prozent Zinsen gefordert haben.
Pikant ist auch, wie der Kontakt zwischen Benko und den Scheichs zustande gekommen ist – über den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Noch im Herbst waren die beiden in die Vereinigten Emirate gereist, um frisches Kapital zu besorgen. Zunächst offenbar mit Erfolg. Über seine Firma SK Management schickte Kurz eine Rechnung an Benko und forderte 1,65 Millionen Euro als Vermittlungsprovision – bislang ohne Erfolg.
Noch vor der Klage aus Abu Dhabi hat sich das Vermögen des strauchelnden Tirolers bereits halbiert. Noch im Sommer hatte das US-Magazin Forbes René Benko auf rund 6 Mrd. US-Dollar (5,5 Mrd. Euro) geschätzt. Jetzt sind es „nur“ noch 2,8 Milliarden Dollar. Im Ranking der weltweit reichsten Menschen stürzte Benko damit vom 425. auf den 1104. Rang ab.